Jahresbericht 2023

Vorwort

2023 war ein wichtiges und erfolgreiches Jahr für die Digitale Gesellschaft.

Im Herbst 2023 konnten wir an einem langen Wochenende und nach einigen Jahren Pause zum ersten Mal wieder «Jugend hackt» in der Schweiz durchführen. 50 Mitwirkende haben die Veranstaltung zu einem grossartigen Erfolg gemacht. Die fünf von den Jugendlichen in unserem Hackspace geschaffenen Projekte sind bemerkenswert. So ist das Team auch motiviert, «Jugend hackt» 2024 wieder durchzuführen. Für Nachwuchs scheint gesorgt!

Inhaltlich sticht 2023 sicherlich unser neu geschaffenes Datenschutz-Konzept hervor. Dieses adressiert nicht nur die Mängel am gültigen Gesetz, sondern schafft auch einen Rechtsrahmen für «Künstliche Intelligenz» und die Sekundärnutzung von Daten. Sehr erfolgreich war auch unsere Kampagne gegen die Gesichtserkennung im öffentlichen Raum und die Überwachung der Besucher:innenströme in den Bahnhöfen durch die SBB, die wir gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Organisation führen. Zu erwähnen ist auch die Aktualisierung unseres Online-Generators für Datenauskunftsbegehren.

Mittlerweile zählt unser Verein über 1'000 Mitglieder, von denen viele in unterschiedlicher Form zu unseren Vereinstätigkeiten beitragen. Es freut uns sehr, diesen achten Jahresbericht zu veröffentlichen. Gemeinsam werden wir uns weiterhin für Freiheitsrechte in der vernetzten Welt einsetzen.

Erik Schönenberger (Geschäftsleiter)

Meinungs- und Informationsfreiheit

Netzsperren

Netzsperren greifen in die Rechte auf Meinungs-, Informations- und Wirtschaftsfreiheit ein. Für Netzsperren werden dieselben technischen Mittel verwendet, die Internet-Kriminelle nutzen. Netzsperren stehen damit im Widerspruch zu Entwicklungen, welche die Internetnutzung sicher­er machen sollen (wie z. B. DNSSEC, DNS-over-TLS, DNS-over-HTTPS). Deshalb stellt die Digitale Gesellschaft sichere DNS-Server zur Verfügung (siehe «Dienste»). Gleichzeitig sind Netzsperren aber bereits mit geringen Kenntnissen leicht zu umgehen und stellen daher keine zweckmässige Massnahme dar. Anstatt zu versuchen, Netzsperren zu «verbessern», fordern wir daher «Löschen statt Sperren» bei strafbaren Angeboten und Inhalten im Internet.

Nachdem es uns mit dem Referendum gegen das Geldspielgesetz bereits gelungen war, eine breite Diskussion zu Netzsperren in der Schweiz zu führen, hat sich diese Erkenntnis auch im Bundesrat durchgesetzt. Dementsprechend hat er den parlamentarischen Vorstoss für Sperren von pornografischen Inhalten für unter 16-Jährige mit deutlichen Worten abgelehnt. Der Nationalrat hatte diese 2023 zunächst noch befürwortet, nach einem Schlenker im Ständerat (und vielen Gesprächen mit Politiker:innen), dann aber ebenfalls abgelehnt.

Die zuständige Ständeratskommission hatte bereits 2019 in der Debatte zum Urheberrecht überraschend ein Leistungsschutzrecht für Medienverlage beschlossen. In der Folge wurde in kürzester Zeit eine Allianz für ein faires Urheberrecht in der Schweiz gegründet, die sich mit aller Kraft gegen das selbstzerstörerische Vorhaben wehrte, eine «Link-Steuer» einzuführen. So haben in Zürich über 1’000 Personen gegen die Urheberrechtsreform demonstriert. Zwei Tage später waren wir in die zuständige Kommission des Ständerats eingeladen, um unsere Kritik zu äussern. In der Folge beschloss der Rat, auf das Vorhaben zu verzichten. Dies war ein grossartiger Erfolg.

Leider war er nur von kurzer Dauer. Ein Jahr lang fand auf Einladung von Bundesrätin Simonetta Sommaruga und organisiert vom Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) ein «Mediendialog» statt, an dem Vertreter:innen von Printmedien, Radio, Fernsehen und Onlinemedien, nicht aber aus der Zivilgesellschaft teilnehmen durften. 2023 hat der Bundesrat dann – entgegen der Empfehlung der eigenen Regulierungsfolgenabschätzung – einen Vorentwurf für ein neues Gesetz präsentiert.

Wir lehnen die geplante Urheberrechtsreform zur Einführung eines Leistungsschutzrechtes für Medienverlage entschieden ab und empfehlen in unserer Stellungnahme dem Bundesrat, den Prozess abzubrechen. Das geplante Gesetzesvorhaben kann den demokratierelevanten Journalismus nicht fördern, gefährdet den Medienstandort Schweiz und führt zu einer weiteren Konzentration der Medienbranche. Die vorgesehene Beteiligung der Urheber:innen an den Einnahmen ist systematisch problematisch und begünstigt die Ungleichbehandlungen verschiedener Kategorien von Mitwirkenden.

Zum Dossier Leistungsschutzrecht

Plattformregulierung

Ein Grossteil unserer demokratischen Öffentlichkeit manifestiert sich heute auf privaten Kommunikationsplattformen – und weder können wir nachvollziehen, wie dies geschieht und welchen Einfluss es auf unsere Gesellschaft hat, noch können wir uns dabei wirksam vor Manipulation und Diskriminierung oder Phänomenen wie Hassrede schützen. Im Rahmen einer Plattformregulierung sollten entsprechend die Rechte der Nutzer:innen gestärkt werden, indem mehr Transparenz und Rechenschaft von den Plattformen gefordert wird. Anstatt privater Organisationen auf Basis von Nutzungsbedingungen (und «Gutdünken») müssen – nach einer unabhängigen aussergerichtlichen Schlichtungsstelle – letztlich rechtsstaatliche Instanzen zur Klärung bei Disputen herangezogen werden können.

Entsprechend haben wir uns im Rahmen einer Befragung zur Regulierungsfolgenabschätzung des Bundes für die Stärkung der Kommunikationsgrundrechte und für eine gut funktionierende öffentliche Debatte eingesetzt.

Datenschutz, Datensicherheit und Recht auf Privatsphäre

Massenüberwachung

Vor 2011 war der Öffentlichkeit in der Schweiz kaum bewusst, dass von sämtlichen Mobiltelefonen bei einem Kommunikationsvorgang der Standort aufgezeichnet wird. Deshalb galt die erste Kampagne der Digitalen Gesellschaft der Vorratsdatenspeicherung. Inzwischen ist der Begriff längst in der politischen Debatte angekommen. Auch die Debatte um die Kabelaufklärung (siehe unten) ist auf eine Medienkampagne der Digitalen Gesellschaft zurückzuführen.

Seit den jüngeren Auseinandersetzungen um die Contact-Tracing-App, das Covid-Zertifikat und die elektronische Identifikation stehen nun auch die Grundsätze von Datensparsamkeit und Datenschutz durch Technik vermehrt im Zentrum der politischen Diskussion. Auch dezentrale Architekturen und Open-Source-Software sind mittlerweile geläufige Begriffe bzw. Konzepte in der Politik. Dies ist eine bemerkenswerte Entwicklung, die wir auch auf unser Engagement der letzten Jahre zurückführen.

Dennoch bleiben wir stark gefordert, wie die geplanten «Risikoanalysen» und das «Profiling» im geplanten Zollgesetz zeigen. Diese betreffen nicht nur Grenzübertritte, sondern im Falle der  «automatischen Kontrollschilderkennung» Fahrzeuge und damit Personen im ganzen Land. Gegen die Vorhaben haben wir uns in einer ausführlichen Stellungnahme ausgesprochen und haben das Gesetz 2023 auch in der Kommission sowie im Parlament bekämpft.

Beschwerde gegen die Kabelaufklärung

Im Jahr 2017 trat das Nachrichtendienstgesetz (NDG) in Kraft. Mit der damit legalisierten Kabelaufklärung wird das Grundrecht auf den Schutz der Privatsphäre schwerwiegend verletzt. Auch Berufsgeheimnisse, wie sie für Anwälte oder Ärztinnen gelten, werden ausgehöhlt. Die Kabelaufklärung verletzt zudem die Unschuldsvermutung und das Verhältnismässigkeitsprinzip. Die Digitale Gesellschaft gelangte deshalb Ende August 2017 mit einem Gesuch an den Nachrichtendienst des Bundes (NDB), diese zu unterlassen.

Der Geheimdienst wie auch das Bundesverwaltungsgericht hielten es nicht für notwendig, inhaltlich auf unser Begehren einzutreten. Dagegen haben wir uns beim Bundesgericht gewehrt. Dieses hielt dann in seinem Urteil vom 1. Dezember 2020 fest, dass die Massnahmen, die mit der Kabelaufklärung verbunden sind, als geheim gelten und den Betroffenen auch nachträglich nicht bekannt gegeben werden. Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch ermöglicht daher im Einzelfall keinen wirksamen Rechtsschutz dagegen. «Unter diesen Umständen ist es den Beschwerdeführenden nicht möglich, konkrete, sie betreffende Massnahmen der Funk- und Kabelaufklärung anzufechten. Sie sind deshalb darauf angewiesen, das ‹System› der Funk- und Kabelaufklärung in der Schweiz überprüfen zu lassen»

Das Bundesgericht hiess die Beschwerde der Digitalen Gesellschaft vollumfänglich gut und hob das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auf. Es anerkennt in seinem wegweisenden Urteil, dass die Kabelaufklärung eine Form der anlasslosen Massenüberwachung darstellt, von der jede Person potenziell betroffen ist. Es anerkennt, dass eine solche Massenüberwachung in die Grundrechte sehr vieler Personen eingreift, und dass den Betroffenen ein wirksamer Rechtsschutz zur Verfügung stehen muss. Es hält in diesem Zusammenhang ausdrücklich fest, dass bereits das elektronische Rastern von Daten einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt, die durch Bundesverfassung und Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) geschützt sind. Das Bundesgericht räumt zudem ein, dass die Einstellung der Funk- und Kabelaufklärung allenfalls das einzige Mittel sein kann, um einen wirksamen Grundrechtsschutz für die Beschwerdeführer:innen sicherzustellen.

Nun muss das Bundesverwaltungsgericht prüfen, ob die Funk- und Kabelaufklärung unsere Grundrechte verletzt. Gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht nahm der Geheimdienst dann zum ersten Mal detaillierter Stellung zur Funktionsweise des Internets und zur darauf aufbauenden Kabelaufklärung. Dabei versuchte er weiterhin, das Bild zu zeichnen, dass nur bestimmte Weltregionen und keine schweizerische Kommunikation überwacht würden. Die Digitale Gesellschaft widerlegte in ihren Antworten diese Behauptungen mit einfachen Beispielen. Das Bundesverwaltungsgericht stellte darauf hin dem Nachrichtendienst und anderen beteiligten staatlichen Organisationen zahlreiche Fragen. Der Schriftenwechsel hat uns das ganze Jahr 2023 beschäftigt – und auch interessante Einblicke verschafft.

So räumt der Geheimdienst in einer der wenigen zugänglichen Antworten sogenannte Retrosuchen ein. Dies bedeutet, dass die Datenströme im Internet nicht allein in Echtzeit nach vordefinierten Stichwörtern durchsucht, sondern auch in einer Datenbank gespeichert werden. Diese Vorratsdatenspeicherung durch den Geheimdienst ermöglicht, die gleichen Datenströme nachträglich erneut zu durchsuchen. Um welche Datenmengen es sich handelt, welche Internet-Verbindungen («Kabel») und welche Telekom-Unternehmen betroffen sind, und wie allfällige Filter funktionieren, liegt allerdings weiterhin im Dunkeln.

Zum Dossier Kabelaufklärung

Diagramm zum Thema Kabelaufklärung

Beschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung

Die verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung verstösst gegen das Menschenrecht auf Privatsphäre und hat negative Auswirkungen auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Entsprechend hat sie das Bundesverfassungsgericht in Deutschland bereits 2010 als unzulässig erklärt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) lehnte die anlasslose und verdachtsunabhängige Massenüberwachung mittlerweile bereits sechsmal ab. 2018 erklärte auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), was gemäss EuGH gegen die EU-Grundrechtecharta verstosse, sei auch mit der EMRK nicht vereinbar.

Für das Bundesgericht hingegen heiligt der Zweck die Mittel: Der Gesetzgeber in der Schweiz habe sich für ein System einer allgemeinen und umfassenden Vorratsdatenspeicherung entschieden. Würde die Vorratsdatenspeicherung in der Schweiz entsprechend eingeschränkt, könne diese Massenüberwachung in der heutigen Form nicht mehr stattfinden. Entsprechend hatte das Bundesgericht unsere Beschwerde im März 2018 gegen die anlasslose und verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung (erwartungsgemäss) nur teilweise gutgeheissen. Da die Schweiz kein Verfassungsgericht kennt, zogen wir die Beschwerde im Herbst 2018 an den EGMR in Strassburg weiter.

Lange blieb es in dieser Angelegenheit ruhig. Dann wurde die Schweiz eingeladen, bis am 13. März 2023 ihre Stellungnahme einzureichen. In ihrer Antwort postuliert die Schweiz, dass zwischen verwaltungsrechtlichen und strafprozessualen Fragen zu unterscheiden sei. Es gehe im vorliegenden Verfahren «nur» um die Speicherung der Daten durch Internet-, Telefon- und Postdienste, nicht jedoch um den Zugriff auf die gespeicherten Informationen durch die Strafverfolgungsbehörden und den Geheimdienst. Dieser irreführenden und verharmlosenden Darstellung haben wir vehement widersprochen, da die Vorratsdatenspeicherung für einen bestimmten Zweck stattfindet: Für den Zugriff durch Geheimdienst und Strafverfolgungsbehörden. Dieser Zweck kann bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit der Vorratsdatenspeicherung nicht ausgeblendet werden.

Die Schweiz, vertreten durch das Bundesamt für Justiz (BJ), negiert in ihrer Stellungnahme auch Abschreckungseffekte. Solche «Chilling Effects» entstehen jedoch bereits durch die Speicherung der Daten und sind gut belegt. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass die Daten für weitere Zwecke missbraucht werden. Die verschiedensten Datenabflüsse bei Bundesbehörden und Bundesbetrieben sorgen nicht für Vertrauen. Für das BJ hingegen heiligt der Zweck die Mittel: «Für eine rückwirkende Überwachung ist es daher notwendig, möglichst viele verschiedene Randdaten zu speichern.»

Der EGMR geht davon aus, dass dieser Entscheid von grosser Bedeutung sein wird. Mit einem Urteil kann dennoch wohl erst 2025 gerechnet werden.

Zum Dossier Vorratsdatenspeicherung

Datenschutz

Am 1. September 2023 trat sechs Jahre nach dem Start der Debatte im Parlament das neue Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG) in Kraft. Dass dieses den aktuellen Herausforderungen nicht zu genügen vermag, zeigt die drohende Überidentifikation im E-ID-Gesetz (siehe unten): Da die Hürden zur Datenbearbeitung (zu) niedrig sind, kann uns das neue Datenschutzgesetz nicht vor Ausweiskontrollen an allen Ecken und Enden schützen.

Am diesjährigen Datenschutz-Festival haben wir daher ein neues, wegweisendes Datenschutz-Konzept präsentiert. Das Konzept adressiert die Mängel im geltenden Datenschutzrecht, indem es sich auf die vielseitigen Folgen der Datennutzung konzentriert. Das Konzept geht als eigentliches Datengesetz jedoch über den Datenschutz hinaus. Es schafft auch einen Rechtsrahmen für den Umgang mit «Künstlicher Intelligenz» und bietet eine Lösung für die Sekundärnutzung von Daten. Damit nimmt das neue Konzept die Datenbearbeiter:innen konkret in die Pflicht und ermöglicht dadurch eine vertrauensvolle Datennutzung.

Zum Datenschutz-Konzept

Panel mit Teilnehmer:innen zum Datenschutzkonzept

Biometrische Identifikation

Bereits 2021 haben wir zusammen mit Amnesty International Schweiz und AlgorithmWatch CH die Kampagne «Gesichtserkennung stoppen» lanciert, mit der wir ein Verbot von automatischer Gesichtserkennung und biometrischer Massenüberwachung in der Schweiz fordern. Mittlerweile wurde in acht Städten und Kantonen ein Verbot der Gesichtserkennung beschlossen oder ist in Diskussion. Die Bestrebungen in den Städten und Kantonen zeigen, dass unsere Forderung nach einem Verbot mittlerweile in der Schweizer Politik angekommen ist.

Dies bestätigt auch das eindeutige Resultat der smartvote-Umfrage: Rund 80 Prozent der Personen, die für die eidgenössischen Wahlen kandidierten, sind für ein Verbot der automatischen Gesichtserkennung im öffentlichen Raum. Die Mehrheit in allen Parteien (ausser knapp der SVP) lehnt diese Form der Massenüberwachung ab. Nun ist es Zeit, die Forderung auf die nationale Ebene zu heben.

Unsere Kampagne gegen die Überwachung der Besucher:innenströme in den Bahnhöfen, resp. die Ausschreibung der SBB für ein entsprechendes System, konnte innert weniger Tage über 17'000 Personen mobilisieren. Die Petition hat zu einem konstruktiven Dialog mit der SBB geführt. Das Unternehmen hat aufgrund des öffentlichen Widerstands die Ausschreibung zurückgezogen und sich nun für ein System entschieden, das ohne die Erfassung von Personenströmen auskommt (und sich auf eine «Heatmap» beschränkt). Dies ist ein wichtiger Erfolg.

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Automatisierte Entscheidungssysteme

Automatisierte Entscheidungssysteme (ADMS) halten Einzug in den schweizerischen Alltag, zum Beispiel als Analysemechanismus in sozialen Netzwerken oder als Selektionshilfe im Bewerbungsprozess. Dabei stellen sich Fragen bezüglich Diskriminierung, systematischer Benachteiligung, Manipulationspotential und gesellschaftlicher Bedeutung. Die Digitale Gesellschaft veröffentlichte deshalb bereits im Februar 2022 ein ausführliches Positionspapier dazu, inklusive eines konkreten Vorschlags für einen rechtlichen Rahmen.

Das Positionspapier hat Pioniercharakter und uns die Türen geöffnet – bis zum Europarat: 2023 haben wir den Verhandlungen als Observer beigewohnt und Vorschläge unterbreitet. 2024 möchte der Europarat nun eine entsprechende Konvention verabschieden.

Zudem haben wir 2023 zusammen mit AlgorithmWatch CH, CH++, opendata.ch und Pour Demain ein zivilgesellschaftliches Statement veröffentlicht, das eine Regulierung von «Künstlicher Intelligenz» und automatisierten Entscheidungssystemen in der Schweiz fordert. Es braucht einen gesetzlichen Rahmen, um Rechtssicherheit und gemeinwohlorientierte Innovation dieser Technologien sicherzustellen.

Zum Dossier Automatisierte Entscheidungssysteme (ADMS) und KI

Datensicherheit

2023 wurde die Revision des Informationssicherheitsgesetzes (ISG) im Parlament diskutiert und verabschiedet. Bundesrat und Parlament wollen mit der Anpassung insbesondere eine Meldepflicht für «Cyberangriffe» für Betreiber:innen von kritischer Infrastruktur einführen. Dies genügt jedoch nicht, um eine ausreichende Datensicherheit und damit auch einen angemessenen Datenschutz in der Schweiz zu erreichen.

Wir forderten daher unter anderem eine Meldepflicht für alle, verbindliche Mindeststandards sowie eine «garantierte Nutzungsdauer» von netzwerkfähigen Geräten (IoT-Produkte), während der die Hersteller:innen (im Rahmen einer Erweiterung der gesetzlichen Gewährleistung) verpflichtet werden, Firmware- und Security-Updates für ihre Geräte allen Nutzer:innen bereitzustellen. Leider konnte sich das Parlament nicht dazu durchringen. Datenunsicherheit wird daher auch weiterhin an der Tagesordnung bleiben.

Digitale Demokratie, E-Government und Infrastruktur

E-Voting

Demokratische Entscheidungen haben eine sehr hohe Akzeptanz, weil sich grosse Teile der stimmberechtigten Bevölkerung daran beteiligen und das Verfahren nachvollziehen können. Nur so werden kontroverse und sehr knappe Entscheidungen auch von den Verlierer:innen akzeptiert. Vollständig verifizierbare E-Voting-Systeme (so sie denn erfolgreich aus den Konzepten entwickelt werden können) bedingen jedoch umfangreiche technische und organisatorische Massnahmen. Die Verifikation setzt weitreichendes Fachwissen voraus – speziell auch bei den abstimmenden Personen.

Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat 2009 die weitere Verwendung von Wahlcomputern verboten, da «der Wähler ohne nähere computertechnische Kenntnisse selbst nachvollziehen können muss, ob seine abgegebene Stimme als Grund­lage für die Auszählung oder jedenfalls als Grundlage einer späteren Nachzählung unverfälscht erfasst worden ist».

Nun sind aber die Abläufe beim E-Voting nochmals deutlich komplexer als die Verwendung von Wahlcomputern. IT-Sicherheit und Nachvollziehbarkeit der Wahl schliessen sich daher bereits in der Theorie aus.

Bereits seit 2013 arbeiten wir kontinuierlich an diesem netzpolitischen Dauerthema. In einer Stellungnahme äusserten wir uns 2021 ausführlich zu den technischen, historischen und demokratiepolitischen Fragen rund um E-Voting. Der Spagat zwischen Sicherheit und demokratischer Legitimation ist unmöglich zu schaffen. Dennoch und trotz der drei Fehlversuche will der Bund das E-Voting weiterentwickeln. Seit Mitte 2022 sind wieder Versuche möglich. 2023 boten einige Kantone E-Voting zu den National- und Ständeratswahlen an. Selbst zwanzig Jahre nach dem Start wird uns das Vorhaben also leider weiterhin beschäftigen.

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Elektronische Identität (E-ID)

Die Schweizer Stimmbevölkerung verwarf das E-ID-Gesetz im März 2021 mit einer wuchtigen Zweidrittelmehrheit. Das Referendum lancierten wir gemeinsam mit Public Beta, nachdem Bundesrat und Parlament nach langer Vorbereitung eine E-ID beschlossen hatten, die von Privaten herausgegeben worden wäre – und damit auch alle Stimmen missachteten, die einen besseren Datenschutz forderten und die Herausgabe als hoheitliche Aufgabe erachten.

Bundesrätin Karin Keller-Suter sprach am Abstimmungssonntag zwar noch verschnupft von einem «Rückschritt» und davon, dass die Gewinner:innen der Abstimmung sich bewegen müssten. Das überaus deutliche Resultat schuf aber die Basis für einen klaren Richtungswechsel: Bereits wenige Tage nach dem Abstimmungssonntag wurde im Parlament ein Vorstoss für eine «vertrauenswürdige, staatliche E-ID» eingereicht, die wir gemeinsam mit Parlamentarier:innen vorbereitet hatten. Die Motion wurde gleich in sechsfacher Ausführung eingereicht und von allen Fraktionen unterstützt. Ein solcher Schulterschluss unmittelbar nach einem harten Abstimmungskampf und über alle Parteigrenzen hinweg ist einzigartig. Mit diesem deutlichen Zeichen bahnte sich definitiv ein Kurswechsel um 180 Grad an.

Nun liegt ein neuer Vorschlag vor, bei dem digitale Selbstbestimmung, Datensparsamkeit und Datenschutz durch Technik die Leitlinien sind. Allerdings gibt es im neuen Vorschlag auch Schatten: Es droht die Gefahr, dass wir im Internet in Zukunft für ganz alltägliche Dinge einen Ausweis zeigen müssen (sogenannte Überidentifikation). Mit einer breiten Koalition ist es uns gelungen, das Thema in die Politik zu tragen. Der neue Gesetzesentwurf enthält bereits einige Massnahmen, die aber noch nicht ausreichend sind. Ab 2024 steht die parlamentarische Debatte hierzu an.

Zum Dossier Elektronische Identifikation (E-ID)

Netzneutralität

Netzneutralität bedeutet, dass jeglicher Datenverkehr über das Internet gleich behandelt wird: Internet-Zugangsanbieter:innen verhalten sich gegenüber verschiedenen Internetanwendungen, -diensten, -inhalten und an das Internet angeschlossenen Geräten neutral. Ein für den Wirtschafts- und Innovationsstandort Schweiz wesentliches Element der Netzneutralität ist das «Innovation-without-Permission»-Prinzip. Es besagt, dass jede:r das Internet weiterentwickeln und eigene Dienste und Inhalte anbieten kann, ohne dafür mit den Providern zuerst Verhandlungen führen zu müssen.

Die Digitale Gesellschaft beschäftigt sich bereits seit 2012 mit den politischen Entwicklungen, die mit der Netzneutralität zusammenhängen. Sie setzte sich massgeblich dafür ein, dass diese in die Schweizer Gesetzgebung verankert wird, was 2019 gelang. Seit 2021 ist die Netzneutralität, resp. das «offene Internet», nun im Fernmeldegesetzes (FMG) verankert:

Die Anbieterinnen von Internetzugängen übertragen Informationen, ohne dabei zwischen Sendern, Empfängern, Inhalten, Diensten, Diensteklassen, Protokollen, Anwendungen, Programmen oder Endgeräten technisch oder wirtschaftlich zu unterscheiden.

Art. 12e Abs. 1 im Fernmeldegesetz vom 22. März 2019

Nach der Übergangsfrist wurden nicht netzneutrale Dienste in der Schweiz eingestellt – auch wenn es eine Intervention, etwa bei Sunrise, hierzu benötigte.

Die seit 2019 festgeschriebene Netzneutralität ist ein wichtiger und nachhaltiger Erfolg. Bestrebungen, die Netzneutralität zu unterminieren, gilt es jedoch frühzeitig zu erkennen. So ist entsprechend auch unsere Fachgruppe weiterhin wachsam.

Zum Dossier Netzneutralität

Beratung, Bildung und Dienste

Die Digitale Gesellschaft engagierte sich auch 2023 für die Vermittlung der technischen Grundlagen für einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Werkzeugen. Im Fokus standen verschiedene Gruppen: Journalistinnen, Schüler und die breite Bevölkerung ohne spezifische Vorkenntnisse.

Kurse

Unsere Workshops zur digitalen Selbstverteidigung führen wir seit vielen Jahren für verschiedenste Organisationen durch. Die Standardmodule umfassen:

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Ratgeber «Digitale Selbstverteidigung»

Bereits 2017 gaben wir zusammen mit der Wochenzeitung WOZ und dem Chaos Computer Club Schweiz einen Digital-Ratgeber heraus. Dieser beschäftigt sich mit dem Thema Datenschutz und bietet eine Vielzahl konkreter Anregungen, wie die Privatsphäre im Internet geschützt werden kann. Nachdem die ersten 22'000 Exemplare bereits nach kurzer Zeit vergriffen waren, druckten wir 2018 eine Neuauflage. 2019 wurden der Ratgeber über­arbeitet und nochmals 27'000 Broschüren gedruckt sowie unter anderem der WOZ beigelegt. Zudem wurde ein ergänzendes Online-Portal geschaffen. 2020 stellten wir eine englische Übersetzung online bereit. Seitdem kommen regelmässig punktuelle Ergänzungen hinzu.

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Ratgeber «Nachhaltigkeit im Digitalen»

Seit 2021 wird der Ratgeber zur «Digitalen Selbstverteidigung» durch eine Broschüre zur «Nachhaltigkeit im Digitalen» ergänzt. Dieser Ratgeber nimmt sich der «nachhaltigen Digitalisierung» wie der «digitalen Nachhaltigkeit» an. Die Broschüre und die Website können von zwei Seiten gelesen werden: Einerseits geht es um den «digitalen Fussabdruck» und andererseits darum, wie die Digitalisierung möglichst ressourcenschonend, planetenfreundlich und nachhaltig zu gestalten ist.

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Cover des Ratgebers

Tor-Server

Das «Tor Project» und die darauf aufbauenden Dienste bieten weitgehend unbeobachtete, sichere und zensurresistente Kommuni­kation. Tor ist eines der wenigen Hilfsmittel, die wirkungsvoll vor Massenüberwachung schützen. Dies ist wichtig für die eigene informationelle Selbstbestimmung und unersetzlich für die politische Auseinandersetzung in repressiven Staaten.

Die Digitale Gesellschaft betreibt seit jeher Tor-Server. Aktuell bieten wir dreizehn Exit-Nodes auf vier Servern an und gehören damit weltweit zu den leistungsstärksten Betreiber:innen.

DNS-Resolver

Seit Anfang 2019 bieten wir der Öffentlichkeit DNS-Resolver über die verschlüsselten Kommunikationswege DNS-over-TLS (DoT) und DNS-over-HTTPS (DoH) an. Die DNS-Resolver zeichnen keine Benutzerdaten in Logfiles auf und haben keine Sperrlisten implementiert. Damit bieten wir eine Alternative zu kommerziellen Betreiber:innen. Unsere Konfiguration ist auf GitHub veröffentlicht.

Die redundanten Server erfüllen die DoH Resolver Policy von Mozilla. In dem Rahmen haben wir auch unseren jährlichen Transparenz-Bericht veröffentlicht.

2023 wurden die Server von einer virtuellen Infrastruktur auf physische Hardware überführt. Die steigende Nutzung machte diese Umstellung nötig.

Mehr zu DNS-Resolver

Online-Generator für Auskunft über eigene Daten

Ein wesentliches Element im Datenschutzrecht ist das Recht auf Auskunft. Betroffene Personen können Auskunft über ihre eigenen Daten verlangen. Sie können sich damit informieren, wofür, wie und wo ihre Personendaten bearbeitet und verwertet werden. Zudem können sie falsche Daten korrigieren oder ihre Daten löschen lassen. Das Recht auf Auskunft ermöglicht betroffenen Personen überhaupt erst, ihr Recht auf Datenschutz wirksam auszuüben.

Die Digitale Gesellschaft bietet seit 2021 einen Online-Generator an, mit dem verschiedene Arten von Auskunftsbegehren mit wenigen Mausklicks erstellt werden können. Mit einem Auskunftsbegehren lassen sich beispielsweise die Daten anfordern, die Mobilfunk-Provider im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung über unser Kommunikations- und Mobilitäts-Verhalten speichern. Es können aber auch die eigenen Gesundheitsdaten bei Krankenkassen erfragt oder die Daten über die eigene Kreditwürdigkeit bei Bonitätsdatenbanken beschafft werden.

2023 wurde der Online-Generator für Datenauskunftsbegehren überarbeitet und ergänzt. Er basiert nun auf dem neuen Datenschutzgesetz, das am 1. September in Kraft getreten ist, und bietet auch die Möglichkeit, bei unvollständigen oder ausbleibenden Antworten nachzuhaken und Daten berichtigen und löschen zu lassen.

Zum Datenauskunftsgenerator

Logo des Datenauskunftsgenerators

Netzpodcast

Seit Anfang 2022 informiert unser Netzpodcast über die aktuellen netzpolitischen Themen mit Bezug zur Schweiz und ordnet sie ein. Das Themenspektrum umfasst Datenschutz und Überwachung, freien Zugang zu Informationen, politische Teilhabe, Datensicherheit und digitale Demokratie. Wir beleuchten die Netzpolitik aus einer kritischen, zivilgesellschaftlichen Perspektive. Der Podcast erscheint alle drei Wochen und ist auf allen üblichen Plattformen erhältlich. Co-Hosts sind Erik Schönenberger, Jörg Mäder, Rahel Estermann und Florian Wüstholz.

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Foto des Netzpodcast-Teams

Treffen und Veranstaltungen

Winterkongress

Ende Februar 2023 fand zum sechsten Mal das grosse jährliche Treffen der Digitalen Gesellschaft in der Schweiz statt. 400 Aktivistinnen, Hacker und Interessierte trafen sich im Volkshaus in Zürich und befassten sich mit Themen rund um Informationstechnologie, der Vernetzung und deren Auswirkungen auf unsere Gesellschaft.

Das vielseitige Programm umfasste 30 Diskussionen und Vorträge mit hochkarätigen Teilnehmer:innen. Bei den politischen Themen ging es unter anderem um die Regulierung von Automated Decision-Making (ADM)-Systemen, um Plattformregulierung sowie um die Zukunft von E-ID und Justitia 4.0. Bei den rechtlichen Themen sprachen Praktiker:innen und Wissenschaftler:innen unter anderem über die geplante Datenschutz-Initiative, das Elektronische Patientendossier, Cloud-Security und Cyberethik. Auch klassische Themen wie digitale Infrastruktur, Sicherheitslücken, Überwachung und virtuelle Demokratie waren vertreten am Winterkongress.

Der Winterkongress 2024 wird am 1. und 2. März 2024 im Casinotheater in Winterthur stattfinden.

Mehr zum Winterkongress

Frühjahres- und Herbsttreffen

Die Frühjahres- und Herbsttreffen sind die «Parlamentssessionen» der Digitalen Gesellschaft. Die Treffen stehen allen Mitgliedern und eingeladenen Interessierten offen, um aktuelle Themen im grösseren Kreis zu präsentieren und zu diskutieren. Nebst einem Schwerpunktthema und einigen Kurzbeiträgen stehen jeweils die Tätigkeiten der Fachgruppen der Digitalen Gesellschaft im Zentrum.

Fachgruppen werden an den Treffen auch formal gegründet (oder aufgelöst). In den Fachgruppen der Digitalen Gesellschaft findet dann die inhaltliche Arbeit statt. Die Gruppen benennen zwei Hauptverantwortliche, konstituieren und organisieren sich aber ansonsten selbst. Sie sind zuständig für die interne und externe Kommunikation zu ihrem Thema und werden von der Fachbereichsleitung und der Geschäftsstelle unterstützt.

In diesem Jahr fanden bereits die 25. und 26. Ausgabe der Frühjahres- und Herbsttreffen statt. Das nächste Treffen findet am 4. Mai 2024 in der Bitwäscherei in Zürich (und remote) statt.

Politpulse

Die Digitale Gesellschaft ist aus einem offenen Zusammenschluss netzpolitisch interessierter Gruppen und Einzelpersonen entstanden, die sich der kritischen, digitalen Zivilgesellschaft verpflichtet fühlen. Seit dem ersten Treffen 2011 finden die Frühjahres- und Herbsttreffen regelmässig statt (siehe oben). Sie sollen auch zukünftig der Vernetzung der verschiedenen netzpolitischen und zivilgesellschaftlichen Organisationen dienen.

Seit 2011 hat sich jedoch die Digitale Gesellschaft wie auch das Umfeld verändert. Immer mehr Entwicklungen und politische Vorstösse betreffen digitale Grund-, Menschen- oder Konsument:innenrechte: Das Geldspielgesetz enthält Netzsperren, eine Finanzvorlage eine zentrale Auswertungsmöglichkeit für Vorratsdaten und mit der Zollgesetzrevision droht eine neue Massenüberwachung im Inland. Solche Vorstösse und Entwicklungen müssen systematisch erkannt, analysiert, priorisiert und aufbereitet werden.

Unser Projekt «Politpulse» unterstützt zivilgesellschaftliche Organisationen mit Hilfe von entsprechenden Tools, die Geschäfte und Themen zu bearbeiten. Daraus entstehen gemeinsame Positionen und Informationen für die Politik, wie Stellungsnahmen und Vernehmlassungsantworten. Die Vernetzung dient auch der Identifikation von unbeachteten Themen, um daraus aktiv Politik zu gestalten.

Das Netzwerk umfasst aktuell über dreissig Organisationen, dreimal jährlich finden Treffen statt. 2023 haben wir zudem eine Kerngruppe gegründet, die sich monatlich austauscht.

Netzpolitischer Abend

Einmal im Monat (meist am dritten Donnerstag) treffen sich Hacker, Aktivistinnen und Interessierte zum netzpolitischen Abend im Debattierhaus Karl der Grosse in Zürich. Im Mittelpunkt steht der Austausch zu Themen rund um Informationstechnologie, Vernetzung und deren Auswirkungen auf unsere Gesellschaft. Die Einführung und die moderierte Diskussion werden auch live übertragen. Die Aufzeichnungen können online nachgeschaut werden.

2023 fanden sieben Veranstaltungen, zu Themen wie Staatstrojaner, künstliche Intelligenz und digitale Souveränität, statt. Das Publikum war bunt gemischt. Der netzpolitische Abend ist eine wertvolle Ergänzung zum Winterkongress.

Mehr zum Netzpolitischen Abend

Foto eines Vortrags

Netzpolitik-Zmittag

Seit vielen Jahren essen wir einmal pro Monat gemeinsam Zmittag. Die Treffen dienen dem ungezwungenen Austausch. 2023 ist das Mittagessen in Neuchâtel (neben den bereits bestehenden in Basel, Bern, Biel/Bienne, Lausanne, Luzern und Zürich) hinzugekommen.

Netzpolitik-Treff

Wer es nicht an ein Mittagessen schafft: Seit 2022 öffnen wir wöchentlich, jeden Donnerstagabend ab 18.00 Uhr, unsere Tore in der Bitwäscherei in Zürich für ein lockeres Treffen unter Mitgliedern der Digitalen Gesellschaft.

Gerne wird diese Zeit für die Zusammenarbeit in den Fachgruppen und Small-Talk unter Gleichgesinnten genutzt. Selbstverständlich steht dieses Treffen auch Personen offen, welche die Digitale Gesellschaft, ihre Mitglieder sowie unsere Themen näher kennen lernen möchten.

Jugend hackt

Vom 20. bis 22. Oktober 2023 organisierten wir in Zürich einen Hackathon speziell für Jugendliche ab 12 Jahren. Mit 17 engagierten Teilnehmenden, 18 ehrenamtlichen Mentor:innen und 8 Teammitgliedern wurden während «Jugend hackt» 5 beeindruckende Projekte zu Themen wie digitale Selbstverteidigung, Ethik, Recht und Technologie entwickelt. Die kreativen Ergebnisse umfassten Spiele, eine LED-Lichtshow, einen regionalen Veranstaltungskalender sowie einen Schadstoffkompensationsrechner.

Der Hackathon war ein voller Erfolg, weshalb wir daran arbeiten, das Format zu verstetigen und weiterzuentwickeln. Ziel ist es, ein bis zweimal pro Jahr «Jugend hackt» durchzuführen, bei genügend Interesse auch in anderen Schweizer Städten. Zudem wollen wir den Jugendlichen einmal pro Monat die notwendige Unterstützung anbieten, damit sie in der Bitwäscherei und durch Mentor:innen begleitet, an ihren Projekten weiterarbeiten können.

Foto der Teilnehmenden von «Jugend hackt»

Öffentlichkeitsarbeit

Veranstaltungen und Podien

Wir werden als fachkompetente und kritische Stimme regelmässig an Veranstaltungen und Podien eingeladen. Im vergangenen Jahr war der Verein beispielsweise an verschiedenen Podien zur E-ID und zur Regulierung von «Künstlicher Intelligenz» vertreten.

Medien

In über hundert Artikeln fanden die Aktivitäten der Digitalen Gesellschaft im Jahr 2023 Erwähnung. Wir sind als Expert:innen zu verschiedenen Themen in der «NZZ», dem «Echo der Zeit», dem «Tages-Anzeiger», der «Republik», «watson» und vermehrt auch in anderen Landessprachen zu Wort gekommen.

Zum Medien-Echo

Geschäftsstelle

Administration

Die Geschäftsstelle der Digitalen Gesellschaft unterstützt und koordiniert die ehrenamt­liche Arbeit der Fachgruppen und stellt bei langfristigen Projekten den Wissenstransfer sicher. Sie erledigt einen grossen Teil der Administration und der Community-Interaktion. Sie ist für die interne und externe Kommunikation zuständig und kümmert sich um die Finanzierung.

Die Geschäftsstelle wird von Erik Schönenberger hauptberuflich geleitet, nachdem er diese Tätigkeit bereits viele Jahre ehrenamtlich ausgeführt hatte. Seit 2021 steht ihm Gian-Maria Daffré zur Seite, der sich schwerpunktmässig um das «Backoffice» kümmert. Zudem unterstützt die Juristin Anna Walter das Team bei rechtlichen Fragen. 2022 konnten wir die Geschäftsstelle weiter ausbauen: Seitdem werden wir durch Mia Gujer (Campaigning und Kommunikation) sowie Salvatore Pittà (Finanzierung und Kommunikation) unterstützt.

Die Geschäftsstelle umfasst Ende 2023 somit 330 Stellenprozente. Gemessen an den Aktivitäten der Digitalen Gesellschaft ist sie weiterhin deutlich unterbesetzt. Ziel ist, sie mittelfristig auf ungefähr zehn Personen (800 Stellenprozente) zu erweitern, um ein angemessenes Level zu erreichen. Dabei sollen die ehrenamtlichen Strukturen im selben Masse gestärkt werden.

Romandie

2023 haben wir unsere Aktivitäten in der Romandie weiter verstärkt. Es fanden regelmässige Netzpolitik-Mittagessen in Biel/Bienne, Lausanne und Neuchâtel statt. Genève folgt 2024. In Lausanne haben wir uns jeweils am ersten Freitag im Monat in den Räumlichkeiten der SDMB (Société de Développement de Marterey - Bugnon et environs) eingemietet, die wir als Büro- und Veranstaltungsraum nutzen können. Ende August fand in diesem Lokal bereits ein erster Vortrag zum Thema Digitale Nachhaltigkeit statt. In der SDMB hat im September auch ein Kick-Off-Meeting mit einem Dutzend Interessierten stattgefunden, um über die Aktivitäten der Digitalen Gesellschaft zu informieren, die Bedürfnisse und Erwartungen der Teilnehmer:innen zu eruieren sowie einige Schwerpunkte der Aktivitäten für 2024 zu definieren.

Aktuell unterstützt uns die Fachgruppe «Romandie» bei den Übersetzung des Newsletters, Social Media Beiträge und ausgewählten Blogposts sowie Informationsseiten auf der Webseite societe-numerique.ch. Für 2024 ist die Umsetzung weiterer Projekte vorgesehen, die die Einbindung dieser Region verstärken sollen.

Organisationsentwicklung

Über ein Jahr lang widmeten wir uns intensiv der eigenen «Organisationsentwicklung». In über 100 Workshops und Besprechungen trugen 20 Personen zu dieser Weiterentwicklung der Digitalen Gesellschaft bei. In dem Rahmen verabschiedeten wir zunächst ein Leitbild und erarbeiteten strategische sowie operative Ziele. 2023 konnte die Umsetzung in den Bereichen Strukturen, Kommunikations-, Finanzierungsstrategie und Community-Building angegangen werden.

2023 haben wir zudem das Projekt «Wirkungsmanagement» gestartet. Damit möchten wir unser Wirkungsmodell mit einer Projektplanung verknüpfen, um möglichst effektiv agieren zu können.

Finanzierung

Damit die Digitale Gesellschaft mehr bewirken kann, ist ein zielgerichtetes Wachstum und der effiziente Einsatz von Ressourcen notwendig. Den Grundstein legte das Organisationsentwicklungs-Projekt, welches im Herbst 2022 erfolgreich abgeschlossen werden konnte (siehe oben). Bezüglich Finanzierung wurde in diesem Rahmen ein siebenjähriger Finanzplan erstellt, der von einem stetigen Wachstum der Umsätze und der Bilanzsumme ausgeht. Die tragenden Säulen bilden Mitgliederbeiträge, Einzelspenden und Förderungen durch Institutionen. Langfristig wurde zudem festgehalten, dass sich diese drei Säulen gleichmässig weiter entwickeln sollen. Eine Einzelförderung der Stiftung Mercator verhilft uns in den Jahren 2023 bis 2025 zur nötigen Planungssicherheit und zum entscheidenden Schub. 

Im ersten Jahr der Umsetzung konnten wir die Mitgliederbeiträge nicht nach Plan erhöhen. Angesichts sinkender Mitgliederzahlen in vielen anderen Vereinen, werten wir das dennoch erfolgte Wachstum um 5'000 Franken als gute Ausgangslage, um dank neu erarbeiteten Massnahmen in Zukunft auch hier wieder stärker wachsen zu können. Dazu gehören die regelmässige Durchführung von «Jugend hackt», ein Projekt zur stärkeren Präsenz in der Romandie und ein verstärkter, kontinuierlicher Fokus auf die Diversifizierung unserer Mitgliederstruktur.

Als neues Kernelement der Einzelspenden-Sammlung konnten wir 2023 unsere eigene Crowdfunding-Plattform einführen. Erste Erfahrungen mit dem neuen Tool machten wir mit einer Kampagne zur Finanzierung unserer Tor-Server und DNS-Resolver (siehe oben), mit der wir dank 140 Spender:innen 14'000 Franken sammeln konnten. Die zweite Kampagne galt der Finanzierung unserer strategischen Rechtsverfahren (siehe Kabelaufklärung und Vorratsdatenspeicherung) und brachte uns dank 130 Spender:innen 26'500 Franken ein. Beide Beträge wurden nach Abzug der Kosten für 2023 als zweckgebundenes Kapital für die Folgejahre abgegrenzt: Zusammen mit den herkömmlich gesammelten Einzelspenden ergeben sich knapp 17'500 Franken mehr Einnahmen in dieser Säule als budgetiert.

Nach Plan erhöhen und gleichzeitig diversifizieren konnten wir schliesslich die Einnahmen aus Förderungen durch Institutionen. Zu den oben genannten Förderungen der Stiftung Mercator für die Organisationsentwicklung (250'000 Franken) und die Wirkungsakademie (15'000 Franken) und den bereits im Vorjahr erzielten Förderungen für den Winterkongress 2023 (16'500 Franken) gesellten sich Projektförderungen für unser neues Datenschutz-Konzept (26'000 Franken) und Jugend hackt (38'000 Franken) hinzu, für die wir fünf neue Institutionen gewinnen konnten.

Im Endergebnis resultiert ein Gewinn von 66'000 Franken in der Jahresrechnung und eine um 120'500 Franken erhöhte Bilanzsumme, die wir beide benötigen, um unsere Liquidität angesichts des geplanten Wachstums auch nach 2025 sicherzustellen. Betrachtet man die Verteilung der Einnahmen nach Säulen, fällt auf, dass die beiden ersten Finanzierungssäulen langsamer wuchsen als die dritte. In den nächsten Jahren wird demnach entscheidend sein, auf die Säulen Mitglieder und Einzelspenden zu fokussieren.

Organisation

Vorstand

Revisionstelle

Geschäftsstelle

Medienstelle

Rechtsform

Struktur

Orginigramm der Digitalen Gesellschaft

Jahresrechnung 2023

Die Digitale Gesellschaft 2023

1050 Mitglieder, davon 100 aktive
18 Organisationen


CHF
Einnahmen 498'544.88
Mitgliederbeiträge 68'315.01
Spenden 77'156.47
Förderbeiträge 336'000.00
Dienstleistungen 18'656.40
Erlösminderungen -1'583.00


Ausgaben 432'556.59
Personalkosten, intern 296'147.15
Personalkosten, extern 25'748.99
Dienstleistungen 77'507.25
Administration und Betrieb 33'153.20


Gewinn 65'988.29

(Provisorische Zahlen per 05.02.2024)

Bilanz

Aktiven
  Umlaufvermögen
    Flüssige Mittel 285'782.84
    Aktive Rechnungsabgrenzungen 15'510.11


Total Aktiven 301'292.95


Passiven
  Kurzfristiges Fremdkapital
    Passive Rechnungsabgrenzung 40'959.47


Fondskapital
  Zweckgebundene Spenden 43'918.18


Eigenkapital
  Vereinsvermögen 150'427.01
  Gewinn 65'988.29
Total Passiven 301'292.95

(Provisorische Zahlen per 05.02.2024)

Die Gesamthöhe der eingenommenen Spenden beträgt CHF 117'653.06. Davon wurden gemäss den definierten Zwecken CHF 44'115.18, abzüglich CHF 3'618.59 Kampagnenkosten Crowdfunding (Personal), dem Fondskapital zugewiesen.

Fondskapital


Bestand 1.1.2023 Zuweisungen Verwendung Veränderung Bestand 31.12.2023
DNS- & Tor-Server 0.00 17'027.41 2'704.54 14'322.87 14'322.87
Strategische Rechtsverfahren 17'419.20 23'427.15 11'292.01 12'135.14 29'554.34
Jugend hackt 0.00 42.03 1.06 40.97 40.97
Total
17'419.20
40'496.59
13'997.61
26'498.98
43'918.18

Förderungen und Zuwendungen

Spenden und geldwerte Leistungen von Institutionen:

Amnesty International Schweiz Partnerschaft 5'000
Benevity Spenden 6'066.15
Chaos Computer Club e.V. Winterkongress 2023 9'382.43
Christoph Merian Stiftung Datenschutz-Konzept 26'000
CommunityRack.org DNS-Resolver 2 virtuelle Server
Gemeinnütziger Fonds der Bildungsdirektion des Kantons Zürich (Lotteriefonds) Jugend hackt 10'000
Hasler Stiftung Jugend hackt (Defizitgarantie) 10'000
Human Rights Watch Betrieb Tor-Exit-Nodes 3'639.50
Init7 Winterkongress 2023 Uplink
Init7 Spende 5'555
Karl der Grosse Netzpolitischer Abend Location
Stiftung Mercator Organisationsentwicklung 250'000
Stiftung Mercator Wirkungsakademie 15'000
Nine Internet Solutions AG Vergünstigung 1 Tor-Server 360
Rote Fabrik Winterkongress 2023 7'000
Stiftung Perspektiven (der Swiss Life) Jugend hackt 8'000
Stiftung SWITCH 2 Tor-Server 2 Server
Ticketpark GmbH Winterkongress 2023 Ticketing-System
WOZ Wochenzeitung

Medienpartnerschaft Winterkongress und Netzpolitischer Abend

9'631.40

Impressum

Digitale Gesellschaft
4000 Basel
Schweiz

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Januar 2024