Der Bundesrat muss die Regulierung von Social Media und Suchmaschinen wie Instagram, X oder Google jetzt angehen. Diese Forderung wird durch eine breite Allianz aus Parlamentarierinnen und Parlamentariern aller Bundeshausfraktionen und der Zivilgesellschaft unterstützt. Heute Mittwoch, 7. Mai 2025, hat die Allianz auf dem Bundesplatz einen offenen Brief eingereicht, der innert weniger Tagen von über 1’500 Menschen und 23 Organisationen aus der Zivilgesellschaft, der Wissenschaft und der Wirtschaft unterzeichnet wurde.
Die intransparenten Algorithmen und willkürlichen Regeln auf Online-Plattformen sowie die Konzentration von Markt- und Meinungsmacht bei den wenigen Technologieunternehmen dahinter stellen eine Gefahr dar – für unsere öffentliche Debatte, für das Wohlergehen und die Grundrechte einzelner Nutzenden. Der Bundesrat muss sich jetzt unmissverständlich für den Schutz der Grundrechte der Schweizer Bevölkerung, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine konstruktive öffentliche Debatte auf Online-Plattformen aussprechen und einen Fahrplan für die seit langem angekündigte Plattformregulierung vorlegen. Dies wird in einem offenen Brief gefordert, welcher von AlgorithmWatch CH gemeinsam mit CH++, Digitale Gesellschaft und Opendata.ch initiiert wurde.
Der Brief wurde lanciert, nachdem am vergangenen 16. April 2025 bekannt geworden ist, dass der Bundesrat den lange angekündigten Gesetzesentwurf weiter verzögert. Zu den Unterstützenden dieses Briefes zählen National- und Ständerät:innen aller Bundeshausfraktionen und andere prominente Erstunterzeichnende. In den letzten zwei Wochen haben im Rahmen einer Online-Unterschriftensammlung zudem über 1’500 Menschen den Brief mitunterzeichnet. Die Sammlung wurde heute Mittwoch abgeschlossen und der offene Brief an den Bundesrat übergeben. Die Initiant:innen und mehrere Unterstützende aus dem Parlament fanden sich dafür für eine Aktion auf dem Bundesplatz ein.
Die Forderung des offenen Briefes findet auch bereits im Parlament Gehör: Letzte Woche hat die zuständige Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-N) den Bundesrat ebenfalls in einem Brief aufgefordert, den Gesetzesentwurf in die Vernehmlassung zu schicken.
«Solange kein Gesetzesentwurf auf dem Tisch liegt, können wir auch die politische Debatte und den demokratischen Aushandlungsprozess dazu nicht führen, welche Regeln wir für Facebook, X und Co. setzen wollen. Mit dem offenen Brief, der von Mitgliedern aller Bundeshausfraktionen unterstützt wird, senden wir heute ein breit abgestütztes und klares Signal: In unserer Demokratie brauchen wir eine konstruktive öffentliche Debatte, die uns Zugang zu verlässlicher Information gibt, den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt und dabei die Grundrechte von Einzelpersonen achtet. Der Bundesrat ist jetzt gefordert, einen klaren Fahrplan zur Plattformregulierung vorzulegen, damit diese dringende politische Debatte lanciert werden kann», so Estelle Pannatier, Policy Managerin bei AlgorithmWatch CH.
Ob berufliche Informationen oder private Kontakte: Fast alle Menschen in der Schweiz kommunizieren über sogenannte Soziale Medien und verwenden Suchmaschinen, welche von ausländischen Tech-Giganten betrieben werden. Die Konzerne aus China oder den USA entscheiden, welche Inhalte wir wann sehen können, und wie wir uns vernetzen. Das wirkt sich auf Informationsflüsse und die Entwicklung von Demokratie und Öffentlichkeit aus. Somit müssen die Interessen der Schweizer Bevölkerung an informierter Meinungsbildung und an einer konstruktiven öffentlichen Debatte geschützt werden. Eine weitere Verzögerung der politischen Diskussionen verhindert auch Investitionen in die staatliche Handlungsfähigkeit und in die digitale Souveränität der Schweiz, um Abhängigkeiten beispielsweise von monopolähnlichen US-Konzernen zu reduzieren.
«Unsere Abhängigkeiten von marktbeherrschenden Anbietern mit intransparenten und willkürlichen Methoden tangieren viele Grund- und Menschenrechte, insbesondere die Meinungsfreiheit, das Recht auf Privatsphäre, den Schutz vor Diskriminierung, die Medienfreiheit und die Wirtschaftsfreiheit. Die Diskussion über die Verantwortung der Plattformen und die notwendigen Spielregeln muss dringend stattfinden, da Privatpersonen, Wirtschaft und Gesellschaft derzeit von der aktuellen Rechtsunsicherheit betroffen sind. Wir fordern eine Transparenz über Algorithmen und Daten sowie wirksame Instrumente zur Rechtsdurchsetzung für die Nutzenden, unter anderem ein zwingendes Zustellungsdomizil («Briefkasten») in der Schweiz.» sagt Christoph Schmid, Fachbereichsleiter bei der Digitalen Gesellschaft.