Biometrische Identifikation und Gesichtserkennung

Personen jederzeit unbemerkt identifizieren? Das scheint der feuchte Traum von Geheimdiensten und repressiven Regierungen zu sein. Um diese dystopischen Zustände zu verhindern, leistet die Digitale Gesellschaft gemeinsam mit anderen Organisationen Aufklärungsarbeit und Widerstand.

Biometrische Identifikation bedeutet, dass Menschen anhand ihrer einzigartigen körperlichen Eigenschaften (Fingerabdruck, Iris, Gesichtsform etc.) identifiziert werden. Somit gehört auch die Gesichtserkennung – sprich die Identifikation menschlicher Gesichter durch eine Maschine – zu den biometrischen Identifikationsmethoden.

Biometrische Erkennungssysteme eröffnen Behörden und Privaten die Möglichkeit, den öffentlichen Raum rund um die Uhr vollautomatisch zu überwachen. Untersuchungen zeigen, dass sich der Einsatz von Gesichtserkennungssystemen derzeit in Europa rasant ausbreitet. Obwohl biometrische Daten zu den besonders schützenswerten Personendaten gehören, gibt es kein explizites Verbot gegen die Verwendung von Gesichtserkennungssystemen in der Schweiz. Neue Recherchen zeigen, wie Schweizer Polizeibehörden bereits heute umstrittene Gesichtserkennungssoftware verwenden. Und auch der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) nutzt laut dem Tätigkeitsbericht 2021 unrechtmässig ein Gesichtserkennungssystem zur Erfassung von Reisebewegungen.

Biometrische Erkennungssysteme sind aus verschiedenen Gründen problematisch. Einerseits sind biometrische Daten besonders schützenswert (sowie beispielsweise Gesundheitsdaten) und sollten so sparsam wie möglich gesammelt und bearbeitet werden. Hinzu kommt, dass Gesichtserkennungssysteme verzerrt sind und nicht-weisse sowie nicht-männliche Gesichter oft falsch identifizieren. Andererseits kann die Präsenz von Videoüberwachungkameras verbunden mit automatischer Gesichtserkennung vor öffentlichen Meinungsäusserungen (wie durch Teilnahme an Demonstrationen) abschrecken (Chilling effect).

Weiter kommen den hinter den Gesichtserkennungssystemen liegenden zentralen Bilderdatenbanken einer tickenden Zeitbombe gleich. Sind diese unzureichend geschützt, stellen sie ein lukratives Angriffsziel für Cyberkriminelle dar, welche die erbeuteten Daten üblicherweise auf dem Schwarzmarkt versilbern. Dadurch erhöht sich die Gefahr von Identitätsdiebstahl. Das grosse Problem hierbei ist, dass anders als bei Passwörtern für einen Account, biometrische Daten nicht einfach geändert werden können.

Das Kernanliegen der Fachgruppe Biometrische Identifikation und Gesichtserkennung ist, ein Verbot ebendieser Technologien im öffentlichen Raum zu schaffen. So wurden bereits verschiedene Vorstösse ins nationale Parlament, in mehreren Kantone sowie verschiedenen Städten eingebracht. Die Digitale Gesellschaft hat ein Positionspapier gegen biometische Erkennungssysteme in öffentlichen Räumen gemeinsam mit Amnesty International und AlgorithmWatch Schweiz veröffentlicht und ist Teil der Kampagne «Gesichtserkennung stoppen».


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