Recht auf Privatkopie

Nationalratskommission möchte Replay-TV abschaffen

«TV 35» – glidas_f, CC BY 2.0

Gemäss Medienmitteilung vom 3. Juli 2018 möchte die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF-N) den «Grundsatz der Signalintegralität» für die Weiterverbreitung von Radio- und Fernsehprogrammen in das revidierte Fernmeldegesetz (FMG) aufnehmen. Sie würde damit das Replay-TV, das heisst das Aufnehmen und zeitversetzte Schauen von Fernsehsendungen, faktisch abschaffen. Privatkopien von Fernsehsendungen waren bislang unbestritten und sind seit Jahrzehnten völlig alltäglich.

Fernsehsendungen aufnehmen und spulen: Damals und heute

Früher mussten die Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz Fernsehsendungen selbst aufnehmen. Danach konnten sie zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt die Aufnahmen abspielen, aber auch vorspulen und zurückspulen. Dafür wurden ursprünglich Videokassetten verwendet, später folgten digitale Datenträger. Es handelt sich um bislang unbestrittene Privatkopien zum Eigengebrauch. Die kollektive Entschädigung der Fernsehsender und sonstigen Rechteinhaber für solche Privatkopien war und ist im Urheberrechtsgesetz (URG) geregelt.

Heute erfolgt der Fernsehkonsum immer häufiger über das Internet. Bei diesem Internet-TV ersetzt das Replay-TV das frühere Aufnehmen und Spulen daheim bei den Konsumentinnen und Konsumenten. Das Aufnehmen und Spulen erfolgt effizient und nachhaltig direkt bei den Internet-TV-Anbietern.

Für das Replay-TV werden die Fernsehsender von Swisscom, Sunrise, UPC und anderen Internet-TV-Anbietern kollektiv entschädigt. Die Konsumentinnen und Konsumenten bezahlen – direkt oder indirekt – mit ihren Abonnementsgebühren für Replay-TV.

Privatkopien für den Eigengebrauch sind ein klassisches urheberrechtliches Thema. Die Fernsehsender hatten denn auch bereits in der Arbeitsgruppe AGUR12 versucht, Replay-TV im revidierten URG abzuschaffen. Sie waren chancenlos: Gemäss Mitteilung der zuständigen Arbeitsgruppe AGUR12 zu ihrer Sitzung vom 13. März 2013 wurde der Vorschlag einstimmig abgelehnt und Replay-TV als moderne Form der Privatkopie damit breit getragen. Aus diesem Grund nehmen die Fernsehsender nun einen zweiten Anlauf über das FMG.

Wir lehnen die faktische Abschaffung von Replay-TV ab

Wir lehnen den erneuten Anlauf der Fernsehsender schon deshalb ab, weil er systemwidrig ist und der Kompetenzordnung zwischen den verschiedenen Erlassen widerspricht:

Das Replay-TV müsste – wenn überhaupt – im URG geregelt werden. Die AGUR12 zeigte aber wie erwähnt, dass gar kein Regelungsbedarf besteht. Im Übrigen müsste der «Grundsatz der Signalintegralität» im Einklang mit der Kompetenzordnung im FMG und im Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG) beziehungsweise dessen Nachfolgeerlass geregelt werden. Der erneute Anlauf der Fernsehsender ist eine Zwängerei.

Wir lehnen den erneuten Anlauf gegen Replay-TV aber insbesondere auch ab, weil damit der Eigengebrauch für Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz erheblich eingeschränkt würde. Dieser Privatgebrauch ist seit Jahrzehnten eine unbestrittene Schranke im Urheberrecht. Die Schranke ist unbestritten, weil sie entschädigt wird. Die Entschädigung muss jeweils von der Eidgenössischen Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (ESchK) genehmigt werden und kann gerichtlich überprüft werden, was bereits geschehen ist. Das Gleichgewicht beim Replay-TV zwischen den Interessen der Fernsehsender sowie von Konsumentinnen und Konsumenten ist gewährleistet.

Im Ergebnis hat sich der schweizerische Umgang mit Replay-TV bewährt

Die Konsumentinnen und Konsumenten können, wie schon vor dem Internet-TV, Fernsehsendungen aufnehmen und zu einem späteren Zeitpunkt ansehen sowie vorspulen und zurückspulen. Die Fernsehsender werden angemessen entschädigt, wofür das bewährte Verfahren der kollektiven Verwertung mit ESchK und gerichtlicher Überprüfung sorgt. Es gibt deshalb keinen Regelungsbedarf für Replay-TV, wie sich bereits in der laufenden URG-Revision klar gezeigt hat.

Privatkopien von Fernsehsendungen waren bislang unbestritten und sind seit Jahrzehnten völlig alltäglich. Die «digitale Revolution» ist kein Grund, dieses bewährte Gleichgewicht zum Nachteil der Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz zu zerstören.