
Die Digitale Gesellschaft empfiehlt, auf die geplante URG-Revision (Leistungsschutzrecht) zu verzichten und ebenso die Motion 24.4596 von Ständerätin Petra Gössi abzulehnen. Wir unterstützen das Anliegen, dass Kreativ- und Medienschaffende für ihre Arbeit fair entschädigt werden sollen. Die vorgesehenen Anpassungen im Urheberrecht sind jedoch der falsche Weg: Sie würden in der Praxis kaum nennenswerte Einnahmen generieren, gleichzeitig aber gravierende gesellschaftliche und wirtschaftliche Nachteile verursachen.
Motion Gössi: Gefahr für die Nutzung von KI in der Schweiz
Die Motion Gössi (24.4596) verlangt, dass beim Training von generativer KI zwingend und immer eine vorgängige Zustimmung der Rechteinhaber:innen eingeholt werden muss.
- Eine solche Einwilligungspflicht ist faktisch unmöglich umzusetzen. Kein Unternehmen kann Millionen von individuellen Einwilligungen einholen.
- Bei Umsetzung wäre es praktisch unmöglich, KI-Systeme mit Schweizer Inhalten zu trainieren oder weiterzuentwickeln. Der Schweizer Forschungsstandort für Generative KI würden massiv benachteiligt und Startups in diesem Gebiet würden faktisch verunmöglicht.
- Eine kostenpflichtige Nutzung würde internationale Techunternehmen nicht erfassen, da eine Schweizer Verwertungsgesellschaft keine Gebühren für das Training von KI erheben kann, das nicht in der Schweiz stattfindet.
- Ohne generative KI-Systeme könnten zentrale digitale Anwendungen nicht mehr genutzt werden – mit erheblich negativen Folgen für Wirtschaft, Verwaltung und Bildung.
Eine sinnvolle Lösung wäre eine klare Schrankenbestimmung im Urheberrecht, die das Training von KI in der Schweiz und mit Schweizer Inhalten erlaubt. Als Alternative zur Motion Gössi kann die Digitale Gesellschaft den Vorschlag von Florent Thouvenin, im Urheberrecht eine neue Schrankenbestimmung zur kostenlosen Nutzung von Werken für das Training von KI Systemen in der Schweiz mit einer Opt-Out-Möglichkeit für Rechteinhaber:innen, einzurichten, unterstützen. Die Finanzierung der Kreativ- und Medienschaffenden soll unabhängig vom Urheberrecht durch eine Abgabe auf digital erwirtschaftete Umsätze ermöglicht werden.
Leistungsschutzrecht: Überholt und schädlich
Die URG-Revision (25.064) sieht vor, dass Medienunternehmen ein neues «Leistungsschutzrecht» erhalten. Dieses Modell hat sich international nicht bewährt.
- Links und kurze Textausschnitte («Snippets») sind ein zentraler Bestandteil der Informationsfreiheit im Internet. Suchmaschinen oder Aggregatoren können die Abgabe leicht umgehen, indem sie Snippets weglassen. Der Nutzen für die Verlage ist daher marginal.
- Die vorgesehene Berechnung «nach Aufwand» ist weder überprüfbar noch sinnvoll. Sie würde viel Bürokratie schaffen und nur den grossen Medienhäusern zugutekommen.
- Wer als «Medienunternehmen» gilt, soll durch eine brancheneigene Erklärung festgelegt werden. Damit entscheiden grosse Konzerne, wer Zugang hat – ein faktischer Branchenschutz, der Innovation und neue Medienprojekte in der Schweiz blockiert.
- Durch die enge Ausgestaltung der Schranken wird die freie Nutzung von Informationen beschnitten. Ein dreijähriger Schutzzeitraum für Nachrichtenartikel ist völlig überzogen – wenige Monate wären ausreichend.
- Selbst wenn Medienunternehmen ihre Inhalte frei zugänglich machen wollten, bliebe ihnen diese Möglichkeit in Zukunft verwehrt – ein massiver Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit.
- Auch wenn aufgrund der Grössenanforderung für die geplante Abgabe nur Google betroffen wäre, würden viele Angebote in Zukunft in der Schweiz gar nicht erst eingeführt werden. Aufgrund des riesigen Aufwands den die Unternehmen für einen kleinen Markt wie die Schweiz allenfalls zu vergegenwärtigen haben.
Das Leistungsschutzrecht würde damit viel Bürokratie, wenig Ertrag und grossen Schaden erzeugen. Eine sinnvolle Lösung wäre stattdessen eine generelle Abgabe auf Werbung oder auf alle Umsätze, die mit digitalen Dienstleistungen erwirtschaftet werden, zu erheben.
Konstruktiver Vorschlag
Anstatt untaugliche Instrumente einzuführen, falsche Hoffnungen zu wecken und wertvolle Zeit verstreichen zu lassen, sollte die Schweiz eine Abgabe auf Umsätze, die mit digitalen Dienstleistungen erwirtschaftet werden, einführen.
- Diese Abgabe würde alle Digitalunternehmen erfassen, nicht nur einzelne Anbieter. Sie könnte allenfalls auch auf einzelne Branchen eingeschränkt werden (vrgl. Lex Netflix).
- Die Mittel könnten gezielt zur Unterstützung von Medienschaffenden und Kreativarbeit eingesetzt werden.
- Damit liesse sich eine faire Finanzierung erreichen – ohne Informationsfreiheit einzuschränken und ohne Innovationen abzuwürgen.
Fazit
Weder das Leistungsschutzrecht noch die Motion Gössi lösen die bestehenden Probleme. Sie gefährden vielmehr den Zugang zu Wissen, die Medienvielfalt und die Innovationsfähigkeit der Schweiz.
Die Digitale Gesellschaft empfiehlt daher:
- Ablehnung der URG-Revision (Leistungsschutzrecht)
- Ablehnung der Motion Gössi (24.4596)
- Einführung einer Schrankenbestimmung im URG zur kostenfreien Nuzung von Werken für das KI-Training mit Opt-Out-Möglichkeit. (Vorschlag Thouvenin)
- Einführung einer allgemeinen Abgabe auf digital erwirtschaftete Umsätze als konstruktive Alternative.