Gutachten der Universität Zürich: Netzsperren sind ein untauglicher Eingriff in die Grundrechte

Wie unter Windows 10 eine DNS-Sperre umgangen werden kann

Der Branchenverband Swico hat das rechtswissenschaftliche Institut der Universität Zürich mit einem Gutachten zu Netzsperren beauftragt. Dieses schliesst mit einem vernichtenden Urteil:

Ergebnis der Verhältnismässigkeitsprüfung

Die Verhältnismässigkeitsprüfung zeigt, dass Netzsperren wohl nicht das richtige Mittel zur Erreichung der damit verfolgten Ziele sind. Netzsperren können mit kleinstem technischem Wissen umgangen werden und in jenen Bereichen, in denen kaum mit einer Umgehung zu rechnen ist, stehen mit der Weiterleitung auf Informationsseiten mildere Mittel zur Verfügung, welche die gleiche Wirkung erzielen dürften. Dies gilt grundsätzlich für IP- ebenso wie für DNS-Sperren. Im Bereich des Geldspiels sind DNS-Sperren angesichts der Overblocking-Risiken letztlich zwar das weit weniger problematische Mittel, sie sind aber noch weniger wirksam als die ebenfalls relativ leicht zu umgehenden IP-Sperren.

Fazit

Die heute verfügbaren technischen Möglichkeiten der Netzsperren lassen sich ohne grossen Aufwand und mit bescheidenem technischem Wissen umgehen, da die dazu erforderlichen „Werkzeuge“ für jedes Endgerät verfügbar sind und ohne weiteres im Internet gefunden werden können. Netzsperren sind damit auch für technisch wenig versierte Nutzer faktisch unwirksam. Aus rechtlicher Sicht ist die Eignung von Netzsperren zur Erreichung der vom Gesetzgeber verfolgten Ziele deshalb äusserst fraglich. Problematisch sind Netzsperren vor allem auch, weil ein Overblocking in der Regel nicht ausgeschlossen werden kann.

Mit Blick auf den geringen Nutzen und die mit Netzsperren verbundenen Eingriffe in Grundrechte erscheint die Einführung von Netzsperren als problematisch. Hinzu kommt, dass die Glaubwürdigkeit der Rechtsordnung Schaden nehmen kann, wenn sie sich zur Rechtsdurchsetzung weitgehend untauglicher Mittel bedient. Letztlich muss es aber dem Gesetzgeber überlassen werden, ob er Netzsperren einführen will, weil ihm die Schaffung eines weitgehend untauglichen Mittels besser erscheint als ein Nichtstun.

Netzsperren sind aktuell in drei Gesetzesvorlagen in der Schweiz vorgesehen: Bereits seit einigen Jahren erschweren die meisten Provider in der Schweiz mittels DNS-Sperren den Zugang zu Webseiten mit dokumentiertem Kindesmissbrauch. Bis jetzt ist diese Massnahme freiwillig; mit der Revision des Fernmeldegesetzes sollen sie nun verbindlich werden. Das revidierte Urheberrechtsgesetze sieht zudem eine Zugriffssperre auf urheberrechtlich geschützte Werke im Ausland vor. Und mit dem neuen Geldspielgesetz sollen Netzsperren verabschiedet werden, um den Zugriff auf ausländische Glücksspielangebote zu verhindern.

Das Geldspielgesetz wird aktuell in der Rechtskommission des Nationalrats behandelt. Wie der Swico steht auch die Digitale Gesellschaft mit verschiedenen ParlamentarierInnen in Kontakt.