Massenüberwachung durch den Geheimdienst am Bundesverwaltungsgericht

Kabelaufklärung am Bundesverwaltungsgericht:
Edward Snowden stellt sich als Fachperson zur Verfügung

Die Kabelaufklärung ist eine anlasslose und verdachtsunabhängige Massenüberwachung durch den Geheimdienst. In seiner Antwort bestreitet der Geheimdienst die detaillierte Darstellung der Digitalen Gesellschaft pauschal. Er geht nicht weiter auf die beschriebene Internet-Architektur ein. Wir fordern daher, ein Gutachten bei einer Fachperson einzuholen. Der ehemalige CIA-Spezialist und Whistleblower Edward Snowden würde sich als Fachperson für eine Befragung vor Bundesgericht zur Verfügung stellen.

Die Kabelaufklärung ist eine anlasslose und verdachtsunabhängige Massenüberwachung durch den Geheimdienst. Sie verletzt das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre schwerwiegend und höhlt Berufsgeheimnisse aus. Die Digitale Gesellschaft hat daher den Nachrichtendienst des Bundes (NDB) aufgefordert, auf die Kabelaufklärung zu verzichten. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht finden momentan schriftliche Anhörungen statt.

Der Geheimdienst spricht der Digitalen Gesellschaft vor Gericht generell das Recht ab, sich wehren zu können. Die Beschwerdeführer seien von der Überwachung nicht mehr als die Allgemeinheit betroffen, weil heutzutage jedermann Internetdienste nutze.

Damit trifft der Geheimdienst den Kern der Sache: Massenüberwachung betrifft uns alle. Unter den BeschwerdeführerInnen befinden sich aber auch Aktivisten, JournalistInnen und der Schweizer Anwalt von Edward Snowden. Unsere BeschwerdeführerInnen sind durch ihre Funktion zusätzlich und in besonderer Weise von Überwachung betroffen. Ihnen (und der Allgemeinheit) die Beschwerdelegitimation abzusprechen bedeutet, dass der Geheimdienst die Rechtsmittel faktisch abschaffen möchte.

Geheimdienst verharmlost mit «Glasfaser aus Syrien»

Der Geheimdienst zeichnet ein verharmlosendes Bild der Überwachung, so werde nur «eine [einzelne] Glasfaser auf der viel Verkehr aus Syrien durchläuft» überwacht. Aus der Betrachtung der Internet-Architektur und des Bedrohungsbilds des NDB ist diese Darstellung jedoch unzulässig, vereinfacht und schlicht irreführend.

  1. Im Internet findet in den allermeisten Fällen keine direkte Kommunikation zwischen Absenderin und Empfänger einer Nachricht statt. So ist beispielsweise der Weg, den eine E-Mail nimmt, von den verwendeten E-Mail-Anbietern und deren Server-Standorten abhängig und nicht über eine im vornherein definierte Glasfaser.
  2. In Europa befinden sich die grössten Internet Exchanges (Internet-Knoten) in Frankfurt, Amsterdam und London. Hier findet auch der interkontinentale Austausch von Daten statt, die meist per Seekabel übertragen werden. An den kleineren Internet Exchanges, wie in Zürich oder Genf, schliessen sich lokale Anbieter zusammen. Somit nutzen alle Menschen in der Schweiz unbewusst «grenzüberschreitende Datenübertragungen», egal, wo sie sich befinden und egal, mit wem sie letztlich kommunizieren.
  3. In den allermeisten Fällen befindet sich bei einer «grenzüberschreitenden Internet-Kommunikation» immer eine der beteiligten IP-Adresse im Ausland. Dies wiederum «legitimiert» eine Überwachung dieser Datenübertragung.

Digitale Gesellschaft fordert Sachverständigengutachten

In seiner Antwort bestreitet der Geheimdienst die detaillierte Darstellung der Digitalen Gesellschaft pauschal. Der Geheimdienst geht nicht weiter auf die beschriebene Internet-Architektur ein. Er verschweigt zudem, dass durch diese Art der Überwachung gewonnenen Erkenntnisse – anders als vom Geheimdienst behauptet – unverändert und nicht anonymisiert von der überwachenden Stelle (dem ZEO, Zentrum elektronische Operationen) an den Geheimdienst weitergegeben werden.

Wir fordern daher, ein Sachverständigengutachten bei einer Fachperson einzuholen. Das Gutachten soll die Funktionsweise und Architektur des Internets, sowie generell die Funktionsweise und Architektur der von der Kabelaufklärung erfassbaren Netzwerke und welche Analysemöglichkeiten sich aus diesen Daten ergeben beschreiben. Der ehemalige CIA-Spezialist und Whistleblower Edward Snowden würde sich als Fachperson für eine Befragung vor Bundesgericht zur Verfügung stellen. Es wäre eine verpasste Chance Edward Snowden nicht als Zeugen zu befragen, denn dieser kennt die Methoden und Möglichkeiten der Geheimdienste gut und könnte einordnen und ein umfängliches Bild über die Gegebenheiten abgeben.

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