Trotz drei Fehlversuchen

Bund will E-Voting weiterentwickeln

Tweet der Sicherheitsforscherin Sarah Jemie Lewis zum System der Post

Das Zerren um E-Voting geht weiter. In dieser Woche standen in der Staatspolitischen Kommission des Ständerats verschiedene Vorstösse zu E-Voting zur Diskussion. Leider hat es die Kommission verpasst, auch nur ein kritisches Zeichen gegen E-Voting zu setzen.

Kommissionsdebatte

Die Motion «E-Versand statt E-Voting» von Claudio Zanetti wurde von der Staatspolitischen Kommission des Ständerats (SPK-S) einstimmig abgelehnt. Der Vorstoss sieht vor, dass die stimmberechtigten Auslandschweizer:innen die Stimmunterlagen auf elektronischem Weg ausdruckbar und geeignet für den postalischen Rückversand zugestellt erhalten. Als Grund für die Ablehnung gibt die Kommission an, dass die Sicherheit des elektronischen Versandes nicht ausreichend gewährleistet werden könne. Dies erstaunt vor dem Hintergrund, dass E-Voting komplett dematerialisiert, also papierlos, angeboten werden soll. Vom Nationalrat wurde die Motion noch von 115 zu 68 Stimmen angenommen.

Zu drei weiteren Vorstössen wurden die Beratungen aufgenommen:

Eine Standesinitiative des Kantons Genf verlangt, die Weiterentwicklung ihres Systems CHVote durch eine Trägerschaft aus Bund und Kantonen. Die parlamentarische Initiative «Marschhalt beim E-Voting» fordert, die Versuche und Projekte im Zusammenhang mit E-Voting einzustellen, bis nachgewiesenermassen die Sicherheitsprobleme gelöst sind. Und schliesslich verlangt die parlamentarische Initiative «Ja zu E-Voting, aber Sicherheit kommt vor Tempo» eine Begrenzung des Testbetriebs.

Die Beratungen sollen nach Anhörungen einer Vertretung der Staatsschreiberkonferenz weitergeführt werden. In diesem Gremium sind die obersten Kantonsvertreter:innen sowie der Bundeskanzler vereint. Sie sind massgeblich für das Vorantreiben von E-Voting in der Schweiz verantwortlich.

E-Voting soll weiterentwickelt werden…

Damit wird klar, was in dieser Woche auch der Jahresbericht 2019 (PDF) der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) und der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) der eidgenössischen Räte zu E-Voting nochmals festhält (mit Hervorhebung):

Die GPK-N begrüsst dabei jedoch auch die weiteren Schritte, welche der Bundesrat im Sommer 2019 beschlossen hat. Die wesentlichen Änderungen dieser Neuausrichtung beinhalten die Weiterentwicklung der Systeme, eine wirksame Kontrolle und Aufsicht, die Stärkung der Transparenz und des Vertrauens, sowie die stärkere Vernetzung mit der Wissenschaft. Die Neuausrichtung des Versuchsbetriebs soll in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen erfolgen. Die detaillierte Ausarbeitung dieser Neuausrichtung ist Gegenstand eines Berichtes der BK, der dem Bundesrat bis Ende 2020 vorgelegt werden muss.

Der Versuchsbetrieb soll also weitergehen.

…obwohl drei Systeme tot sind

Seit bald zwanzig Jahren erproben Bund und Kantone das E-Voting. «Bereits» 2015 mussten sich die Kantone des «Consortiums Vote électronique» eingestehen, die Anforderungen nicht erfüllen zu können und lösten das Consortium abrupt auf.

Nachdem der Kanton Genf Ende 2018 angekündigt hatte, ihr System CHVote nicht mehr weiter zu entwickeln und ab 2020 auch nicht mehr anzubieten, hat der Kanton im Juli 2019 überraschend per sofort den Stecker gezogen. Bei System der Post (das von der spanischen Firma Scytl entwickelt wird) sind anfangs 2019 verschiedene gravierende Sicherheitslücken entdeckt worden, die dazu führten, dass auch dieses System keine Bewilligung für die Nationalratswahlen im Herbst erhalten hätte, worauf es die Post ausser Betrieb genommen hat.

In der Zwischenzeit hatte der Bundesrat ein Vernehmlassungsverfahren zur Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte eröffnet. Diese sollte die elektronische Stimmabgabe in den ordentlichen Betrieb überführen. Worauf nach dem Debakel und massiver Kritik verzichtet wurde.

Volksinitiative für ein E-Voting-Moratorium

Auch nach zwanzig Jahren sollen also die Testbetriebe, welche eine schleichende Einführung sind und eine Gewöhnung an E-Voting darstellen, weitergeführt werden.

Dies will die vor einem Jahr lancierte Volksinitiative für ein E-Voting-Moratorium stoppen. Die Initiative verlangt ein 5-jähriges Verbot von E-Voting. Anschliessend kann dieses Verbot vom Parlament aufgehoben werden, wenn im Wesentlichen zwei Bedingungen gegeben sind:

  • Sämtliche Schritte der elektronischen Stimmabgabe können ohne besondere Sachkenntnisse durch die Stimmberechtigten überprüft werden.
  • Ein zur handschriftlichen Stimmabgabe vergleichbares Sicherheitsniveau ist gegeben, und das Stimmgeheimnis bleibt gewahrt.

Die Digitale Gesellschaft unterstützt die Initiative. Wir fordern zudem, dass der Versuchsbetrieb zu E-Voting gestoppt wird. E-Voting darf erst wieder eingeführt werden, wenn die bewährten Anforderungen an die handschriftliche Stimmabgabe erfüllt sind. Dazu gehört unter anderem, dass sich die Stimmberechtigten ohne besondere Sachkenntnis davon überzeugen können, dass ein E-Voting-System sicher ist und ihr Vertrauen verdient.