Nachrichtendienst des Bundes soll (weiterhin) Zugang zu Flugpassagierdaten erhalten

Passengers
Photo: «Passengers» – Jannis Andrija Schnitzer, CC BY-SA 2.0

Bis anhin wenig beachtet, kennt auch die Schweiz eine Meldepflicht für Flugpassagierdaten für Flüge aus «meldepflichtigen Abflugorten». Die Liste umfasst aktuell 13 Abflugorte und soll um 5 weitere ergänzt werden. Eine dünne Rechtsgrundlage findet sich im Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG). Eine Weiterleitung dieser Daten an den Nachrichtendienst des Bundes erfolgt seit 2011 gestützt «auf einer Liste der zu meldenden Vorgänge» des Bundesrates. Nachdem die Aufsichtsorgane der eidgenössischen Räte ebenfalls festgestellt hatten, dass nicht nur Daten über ausländische Personen bearbeitet werden, sondern auch Schweizer Bürger betroffen sind, soll nun eine Rechtsgrundlage folgen. Zur Vernehmlassung nimmt die Digitale Gesellschaft wie folgt Stellung.

Dem Jahresbericht 2015 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte kann entnommen werden, dass seit 2011 die vom Nachrichtendienst des Bundes bearbeiteten API-Daten (Advance Passenger Information) von 8’139 in den folgenden drei Jahren auf über 1,5 Millionen hochgeschnellt sind. Dieser markante Anstieg ist darauf zurückzuführen, dass der NDB illegal auch Daten von Schweizer Bürgern bearbeitet. Und dies obwohl der Bundesrat nur die Weiterleitung von Informationen über Staatsangehörige des Landes, aus welchem der Flug erfolgt, genehmigt hat.

Gemäss Zweckartikel (Art. 1, bestehend) regelt das Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz, AuG) die Ein- und Ausreise, den Aufenthalt sowie den Familiennachzug von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz sowie die Förderung deren Integration. Das AuG darf entsprechend nur Bestimmungen über Ausländerinnen und Ausländer, nicht aber über Schweizer Bürger, enthalten. Diese Tatsache, sowie das Gebot über die Einheit der Materie, wird jedoch mit den geplanten Artikeln 104 Abs. 1-1ter, Art. 104a Abs. 1, 1bis, 3 und 3bis sowie Art. 104b verletzt, soweit Daten von Schweizer Bürgern betroffen sind.

Auch stellt Art. 121 BV (Gesetzgebung im Ausländer- und Asylbereich) keine verfassungsmässige Grundlage zur Erfassung der API-Daten von Schweizer Bürgern dar. Schon aus rein formalen Gründen ist daher auf Artikel 104 Abs. 1-1ter, Art. 104a Abs. 1, 1bis, 3 und 3bis sowie Art. 104b zu verzichten.

Gemäss erläuterndem Bericht sei eine erhebliche Ausweitung der meldepflichtigen Abflugorte (zurzeit Dubai, Dar es Salaam, Nairobi, Pristina, Istanbul, Moskau, Casablanca, Marrakech, Abu Dhabi, Doha, São Paulo, Peking und Shanghai) nach derzeitiger Lage nicht erforderlich. Doch bereits kurz nach der Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens, hat am 12. Juli 2016 das SEM eine Anhörung unter den Fluggesellschaften eröffnet: Bereits sollen Delhi, Hong Kong, Mumbai, Muscat und Singapur hinzukommen. Gemäss Flughafenstatistik von 2015 kann somit ab dem Jahr 2017 mit weit über einer Million Datensätzen pro Jahr gerechnet werden, welche im API-System des SEM gespeichert und automatisch an den NDB weitergeleitet werden.

Die anlasslose Speicherung des Reiseverhaltens von Personen stellt einen unverhältnismässigen Eingriff in das Recht auf Privatsphäre dar. Die Digitale Gesellschaft lehnt die Massnahme daher grundsätzlich und unabhängig von der Frage, ob es sich um in- oder ausländische Personen handelt, entschieden ab. Die betreffenden Artikel sind zu streichen.

(Herzlichen Dank an grundrechte.ch für die Vorarbeit.)