Prism in der Schweiz. Oder «Lavabit» als Beispiel wohin uns BÜPF und NDG führen.

Im Entwurf zum neuen BÜPF gibt es zwei interessante Bestimmungen, die zu US-amerikanischen Verhältnissen führen können:

  • Anbieterinnen abgeleiteter Kommunikationsdienste müssen eine Überwachung […] dulden. Zu diesem Zweck müssen sie unverzüglich Zugang zu ihren Anlagen gewähren [und] die für die Überwachung notwendigen Auskünfte erteilen. (Art. 27 Abs 1 E-BÜPF)
  • Sofern keine schwerere strafbare Handlung nach einem anderen Gesetz vorliegt, kann mit Busse bis zu 100’000 Franken bestraft werden, wer vorsätzlich […] die Überwachung gegenüber Dritten nicht geheim hält. (Art. 39 Abs. 1 E-BÜPF)

Mit dem neuen Nachrichtendienstgesetz sollen die Befugnisse des Geheimdienstes u.a. ausgeweitet werden auf

  • die Überwachung des Postverkehrs und des Fernmeldeverkehrs von Personen. (Art. 22 Abs. 1 lit. a E-NDG)

Es wird dabei direkt auf die Bestimmungen aus dem BÜPF abgestellt.

Wozu solche Bestimmungen führen, hat gestern Lavabit eindrücklich gezeigt. Der E-Mail-Anbieter musste sich die Gewissensfrage stellen und hat sich zur Schliessung des Dienstes entschlossen:

My Fellow Users,

I have been forced to make a difficult decision: to become complicit in crimes against the American people or walk away from nearly ten years of hard work by shutting down Lavabit. After significant soul searching, I have decided to suspend operations. I wish that I could legally share with you the events that led to my decision. I cannot. I feel you deserve to know what’s going on–the first amendment is supposed to guarantee me the freedom to speak out in situations like this. Unfortunately, Congress has passed laws that say otherwise. As things currently stand, I cannot share my experiences over the last six weeks, even though I have twice made the appropriate requests.

[…]

This experience has taught me one very important lesson: without congressional action or a strong judicial precedent, I would _strongly_ recommend against anyone trusting their private data to a company with physical ties to the United States.

Für Anbieter von Kommunikationsdiensten gibt es eigentlich drei Möglichkeiten, wenn die Behörden an die Tür klopfen:

  1. Kooperation
  2. Verweigerung der Kooperation und gerichtliche Auseinandersetzung
  3. Shutdown -h now

Man kann davon ausgehen, dass sich die allermeisten kommerziellen Anbieter für die erste Variante entscheiden. Und dies nicht nur in den USA. Durch die allgemeine Verunsicherung hinsichtlich der Rechtslage, resp. der Konsequenzen wählen viele den Weg des geringsten Widerstands und sogar des vorauseilenden Gehorsams. Oder wer betreibt heute noch ein offenes W-LAN?

Die Digitale Gesellschaft lehnt die beiden Gesetzesentwürfe zu BÜPF und NDG entschieden ab. Es ist nun an der Zeit, sich über das Verhältnis von Sicherheit/Kontrolle und Freiheit, die Rolle von Staat und Individuen – und unser Gesellschaftsbild grundsätzlich – auseinanderzusetzen.