Vorratsdatenspeicherung in der Schweiz

Digitale Gesellschaft erhebt Beschwerde am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)

Das Schweizerische Bundesgericht lehnte im März 2018 die Beschwerde der Digitalen Gesellschaft gegen die Vorratsdatenspeicherung in der Schweiz ab. Die Digitale Gesellschaft ist mit diesem Urteil nicht einverstanden. Heute wurde deshalb Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg erhoben.

Im März 2018 lehnte das Schweizerische Bundesgericht die Beschwerde der Digitalen Gesellschaft gegen die Vorratsdatenspeicherung in der Schweiz ab. Mit der Vorratsdatenspeicherung werden alle Menschen in der Schweiz ohne Anlass und Verdacht rund um die Uhr überwacht. Es wird gespeichert, wer in den letzten sechs Monaten wann mit wem und wo kommuniziert hat. Inzwischen kann auch gespeichert werden, welche Online-Dienste und Websites genutzt wurden.

Das Bundesgerichtsurteil steht im Widerspruch zur Rechtsprechung von anderen höchsten Gerichten in Europa:

Das Bundesverfassungsgericht in Deutschland hatte die Vorratsdatenspeicherung bereits 2010 als unzulässig erklärt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) lehnte die anlasslose und verdachtsunabhängige Massenüberwachung bereits zweimal ab. Jüngst erklärte nun auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, was gemäss EuGH gegen die EU-Grundrechtecharta verstosse, sei auch mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht vereinbar.

Für das Bundesgericht hingegen heiligt der Zweck die Mittel. Der Gesetzgeber in der Schweiz habe sich für ein System einer allgemeinen und umfassenden Vorratsdatenspeicherung entschieden. Würde die Vorratsdatenspeicherung in der Schweiz entsprechend eingeschränkt, könne diese Massenüberwachung in der heutigen Form nicht mehr stattfinden.

«Das Bundesgericht argumentierte, es gäbe noch kein Urteil gegen die Vorratsdatenspeicherung am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Das hat sich nun geändert. Wir sind deshalb zuversichtlich, vom EGMR in Strassburg Recht zu erhalten», so Norbert Bollow, Präsident der Digitalen Gesellschaft.

Die Beschwerde wird von sechs Beschwerdeführern der Digitalen Gesellschaft getragen, unter ihnen Nationalrat Balthasar Glättli und vom Journalisten Dominique Strebel.

 

Die Digitale Gesellschaft ist eine gemeinnützige Organisation, die sich seit 2011 für Grund-, Menschen- sowie Konsumentenrechte im Internet einsetzt. Zur Erreichung ihrer Ziele führt sie auch strategische Klagen.

Das Gerichtsverfahren gegen die Vorratsdatenspeicherung benötigt einen langen Atem und kostet über 40’000.- Franken. Mit einer Spende oder einer Mitgliedschaft kann der Kampf für Grundrechte nachhaltig unterstützt werden: