Gesichtserkennung

Kanton Zürich öffnet Tür zur biometrischen Massenüberwachung

Der Zürcher Kantonsrat auf Abwegen: Erstmals entscheidet ein Parlament in der Schweiz, dass der Staat biometrische Gesichtserkennung zur Überwachung der Bevölkerung einsetzen darf. Der Zürcher Regierungsrat soll die Kompetenz erhalten, in Eigenregie Pilotversuche zu starten.

Der Kanton Zürich schlägt mit dem Entscheid vom 24. November 2025 ein neues Kapitel der Massenüberwachung auf, das Freiheit und Demokratie in der Schweiz untergräbt. Wer digitale Technologien in dieser Weise gegen die Integrität der Menschen einsetzt, untergräbt ihr Vertrauen in das Gemeinwesen und die Demokratie.

Eine solche Form der anlasslosen und flächendeckenden Überwachung steht im direkten Widerspruch zu den Grundprinzipien einer demokratisch organisierten Gesellschaft. Sie verletzt nicht nur das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf Privatsphäre, sondern auch international garantierte Menschenrechte.

Wenn Menschen im öffentlichen Raum jederzeit identifiziert oder beobachtet werden können, erfolgt ein schwerwiegender Eingriff in ihre informationelle Selbstbestimmung. Die Möglichkeit permanenter Erkennung hat ausserdem eine abschreckende Wirkung («Chilling Effect»). Das Recht auf die Ausübung zentraler Grundrechte wie der Versammlungsfreiheit, der Meinungsäusserungsfreiheit und der Bewegungsfreiheit wird dadurch erheblich beschädigt.

Eine grosse Mehrheit des Zürcher Kantonsrates hat mit dem heutigen Entscheid die Rechte der Menschen im Kanton Zürich übergangen und dem Regierungsrat den Freifahrtschein erteilt, ein neues Zeitalter der invasiven Massenüberwachung einzuläuten. In der ersten Lesung zur Totalrevision des Gesetzes über die Information und den Datenschutz (IDG) hat das Parlament ein Verbot der Gesichtserkennung nicht nur abgelehnt, sondern im Gegenteil sollen nun Pilotversuche für biometrische Massenüberwachung ohne weitere Gesetzesgrundlage erlaubt sein.

Wir hoffen, dass die Stimmbevölkerung auf diesen Vertrauensbruch schon am kommenden Abstimmungssonntag mit einem Ja zur Volksinitiative «Für ein Grundrecht auf digitale Integrität» oder mindestens mit einem Ja zum Gegenvorschlag reagiert. In jedem Fall erwarten wir, dass der Kantonsrat und ansonsten später die Bevölkerung den heutigen Fehlentscheid korrigiert. 

Die Digitale Gesellschaft setzt sich seit Jahren auf nationaler und internationaler Ebene für ein Verbot von biometrischer Gesichtserkennung im öffentlichen Raum ein. In der Schweiz steht eine breite Koalition dafür ein, dass diese Technologie in einer freien und demokratischen Gesellschaft nicht eingesetzt werden darf.

80% der politisch Aktiven aus allen Parteien befürworten ein Verbot von biometrischer Gesichtserkennung, wie eine Befragung von 2023 zeigt. In den letzten Jahren haben sich zahlreiche kantonale und kommunale Parlamente dafür ausgesprochen, biometrische Massenüberwachung im öffentlichen Raum zu verbieten.

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