Update März 2023

Newsletter zu SBB-Tracking, Netzpolitischer Abend zu Staatstrojanern, Künstliche Intelligenz, Vorratsdatenspeicherung, Winterkongress

Das «Update» ist der monatliche Newsletter der Digitalen Gesellschaft.

Die Themen der Märzausgabe sind:

  • Keine Massenüberwachung an Schweizer Bahnhöfen!
  • Netzpolitischer Abend zu «Staatstrojaner, Pegasus und NSO Group»
  • Regulierung künstlicher Intelligenz
  • Vorratsdatenspeicherung in der Schweiz steht vor der Beurteilung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
  • Rückblick auf den Winterkongress 2023
  • Netzpodcast
  • und Zmittag und Treff

Keine Massenüberwachung an Schweizer Bahnhöfen!

Bereits ab September diesen Jahres möchten die SBB an über 50 Schweizer Bahnhöfen die Überwachung von uns Reisenden mit einem neuen «Kundenfrequenzmesssystem» umfassend ausbauen. Es geht darum, zu erfassen, welche Personen sich wie lange im Bahnhof aufhalten, wo sie sich bewegen, in welchen Bahnhofsläden sie einkaufen, und wie viel Geld sie dabei ausgeben.

Kameras sollen sensible Daten wie Altersgruppe, Geschlecht und Grösse der Reisenden sowie mitgeführtes Gepäck und Gegenstände wie Kinderwagen, Rollstuhl und Velo erfassen – mutmasslich inklusive biometrischer Gesichtserkennung. All das, um Kundenströme, Werbeplatzierung und Ladeflächen zu optimieren. Soll heissen: uns dazu zu bewegen, mehr Geld auszugeben und zur Umsatzsteigerung der Bahnhofsgeschäfte beizutragen, um der SBB höhere Mieteinnahmen zu verschaffen.

Dagegen protestieren wir zusammen mit AlgorithmWatch CH in einem offenen Brief. Wir fordern sowohl genaue Aufklärung über die geplanten Vorhaben sowie den Verzicht darauf, eine grundrechtswidrige, womöglich biometrische Massenüberwachungsinfrastruktur im öffentlichen Raum zu installieren.

Den Brief können alle Interessierten hier mit unterschreiben.

Netzpolitischer Abend zu «Staatstrojaner, Pegasus und NSO Group»

Diesen Donnerstag, 16. März 2023, findet der nächste Netzpolitische Abend rund um (para)staatliche Hacking-Tools und deren Aufdeckung statt. Zu Gast ist Donncha Ó Cearbhaill, Forscher und IT-Sicherheitsexperte beim Security Lab von Amnesty International.

Ó Cearbhaill wird Einblick geben in seine berufliche Tätigkeit, in der er ein Computer-Forensik-Team leitet, welches sich der Erforschung und Aufdeckung von digitaler Überwachung von Aktivisten und Menschenrechtsverteidigerinnen widmet. Vor nicht allzu langer Zeit leistete er einen entscheidenden Beitrag zum «Projekt Pegasus», das einen der grössten Überwachungsskandale um die gleichnamige Spionagesoftware der NSO Group aufdeckte. Der Abend dürfte spannend werden.

Wie immer findet die Veranstaltung im Debattierhaus Karl der Grosse in Zürich statt. Der Eintritt ist frei, die Bar öffnet um 19:00 Uhr, das Programm startet um 19:30 Uhr. Einführung und moderierte Diskussion werden in englischer Sprache sein. Für alle, die nicht kommen können oder mögen, wird die Diskussion auch live im Netz übertragen. Wer unsere vorherigen Netzpolitischen Abende verpasst hat, kann diese nachträglich ebenfalls nachschauen.

Regulierung künstlicher Intelligenz

Derzeit verhandelt das «Committee on Artificial Intelligence (CAI)» des Europarats über einen Rechtsrahmen zur Regulierung von künstlicher Intelligenz, der auch für die Schweiz gelten wird. Mit ein klein wenig Stolz dürfen wir verkünden: Vor Kurzem wurden wir als Observer in dieses Gremium aufgenommen. In dieser Rolle werden wir die Verhandlungen verfolgen und den stimmberechtigten Mitgliedsstaaten, wozu auch die Schweiz zählt, Verbesserungsvorschläge unterbreiten. Selbstverständlich haben wir bereits konkrete Forderungen in petto wie ausreichende Transparenzbestimmungen, griffige Verwaltungssanktionen bei Verstössen sowie eine staatliche Aufsichts- und Beratungsbehörde.

Zudem entschied das Komitee kürzlich, den gegenwärtigen Stand der Verhandlungen, den «revised zero draft», zu veröffentlichen. Dieser Schritt erfolgte, nachdem vergangene Versionen des verhandelten Dokumentes unerlaubterweise ihren Weg in die Öffentlichkeit gefunden hatten. Wir begrüssen, dass nun eine breitere öffentliche Debatte möglich ist. Genauere Informationen dazu, wie auch unsere detaillierten Forderungen, finden sich hier.

Vorratsdatenspeicherung in der Schweiz steht vor der Beurteilung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Bald zehn Jahre ist es her, dass die Digitale Gesellschaft Beschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung erhob. Das höchste Schweizer Gericht hat die Beschwerde 2018 abgelehnt. Sechs Mitglieder der Digitalen Gesellschaft zogen das Verfahren noch im gleichen Jahr an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) weiter. Lange haben wir vom EGMR nichts gehört. Nun wurde die Schweiz jedoch dazu eingeladen, bis exakt heute, 13. März 2023, eine Stellungnahme einzureichen und sich zur Zulässigkeit und Begründetheit der von uns hervorgebrachten Rügen zu äussern.

Auf diese Stellungnahme der Schweiz werden wir dann ebenfalls wiederum antworten können. Auch Deutschland und Portugal wurden aufgrund der Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführer:innen zu einer Stellungnahme eingeladen. Der EGMR ist der Ansicht, dass dieser Entscheid von Bedeutung sein wird.

Die Chronik einschlägiger Urteile zur Vorratsdatenspeicherung über die vergangenen Jahre ist lang. Alle europäischen Verfassungsgerichte, welche eine vergleichbare Regelung zu prüfen hatten, haben die Vorratsdatenspeicherung bisher durchgehend als unrechtmässigen Eingriff in die Grundrechte eingestuft und aufgehoben.

Rückblick auf den Winterkongress 2023

Von Automated Decision-Making (ADM), Plattformregulierung, der Zukunft der E-ID und Justitia 4.0 über die Datenschutz-Initiative, das Elektronische Patientendossier, Cloud-Security und Cyberethik bis hin zu klassischen Themen wie digitale Infrastruktur, Sicherheitslücken, Überwachung und virtuelle Demokratie waren am diesjährigen Winterkongress, dem grossen jährlichen Treffen der Digitalen Gesellschaft in der Schweiz, Vorträge zu äusserst spannenden Themen zu sehen und zu hören.

Wer einzelne Referate oder gleich den ganzen Kongress verpasst hat, kann einen Grossteil der Talks auf dem Medienportal des CCC nachschauen. Es lohnt sich!

Netzpodcast

Im Netzpodcast sprechen wir über Aktuelles aus der Netzpolitik mit Bezug zur Schweiz. Die letzten beiden Folgen behandelten die Themen «Behördlicher Zugriff auf E-Mails, digitale Überwachungsmöglichkeiten der Polizei, keine Transparenz bei den Zwangsmassnahmengerichten» sowie «SBB-Tracking an Bahnhöfen, Vorratsdatenspeicherung am EGMR, Faire Algorithmen und KI».

Zu hören sind die vertrauten Stimmen von Rahel Estermann, Jörg Mäder und Kire Schönenberger sowie neu Florian Wüstholz, freier Journalist mit Digitalkompetenzen. Florians Stimme ersetzt diejenige von Adrienne Fichter, Reporterin der Republik, die den Podcast von Anfang an mitgeprägt hat.

Der Podcast ist auf allen üblichen Plattformen und auf netzpodcast.ch erhältlich.

Netzpolitik-Zmittag

Immer in der ersten Woche des Monats findet der «Netzpolitik-Zmittag» statt. In mittlerweile sechs Schweizer Städten bietet der Anlass Gelegenheit zum ungezwungen Austausch über aktuelle netzpolitische Themen. Wir freuen uns auf die nächsten gemeinsamen Mittagessen:

Netzpolitik-Treff

Jeden Donnerstagabend laden wir ab 18.00 Uhr zum «Netzpolitik-Treff» in unseren Hackerspace in Zürich, der Bitwäscherei. Dies soll die Zusammenarbeit in den Fachgruppen erleichtern, Anlass zu interessanten Gesprächen geben und/oder einfach nur Gelegenheit bieten für ein kühles Getränk in gemütlicher Runde.

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(Bild: «Newsletter» – CC0 1.0)