Kampagne für mehr Überwachung – und eine befangene Bundesanwaltschaft

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Bild: Bundesanwaltschaft

Seit zwei Wochen ist eine eigentliche Kampagne für US-Geheimdienste, das neue Nachrichtendienstgesetz und die Totalrevision des Überwachungsgesetzes BÜPF zu beobachten.

So konnte der Tages-Anzeiger am 4. Oktober unter der Headline «Die USA warnten die Schweiz vor Terrorzelle» über «belastende Indizien» «zur möglichen IS-Zelle» mutmassen und den Ursprung der Ermittlungen durch die Bundesanwaltschaft enthüllen. Der Autor bricht im Artikel dann auch eine Lanze für das geplante Nachrichtendienstgesetz:

Bis dahin verlässt sich der NDB notgedrungen auf seine ausländischen Partner. Der grosse Bruder USA schnüffelt nicht nur – wie Papiere des Whistleblowers Edward Snowden zeigen – mit einigem Aufwand in der Schweiz. Er schnüffelt auch für die Schweiz.

Einen Tag später darf die US-Botschafterin Suzi LeVine in der «Schweiz am Sonntag» nachdoppeln. Selbst die SDA verbreitet im Anschluss unwidersprochen den Unsinn:

«Die Schweiz befindet sich aus meiner Sicht erst noch am Anfang dieser notwendigen Debatte, welche Massnahmen es braucht im Kampf gegen terroristische Gefahren und die Sicherstellung der Privatsphäre. Man könne «nicht 100 Prozent Sicherheit und 100 Prozent Privatsphäre» haben.

Diese Woche durfte dann auch noch die neue Direktorin des Bundesamtes für Polizei, Nicoletta della Valle, im «20 Minuten» für mehr Überwachung werben:

Das BÜPF wäre letztlich nur der rechtliche Nachvollzug der technischen Aufrüstung. Für die Strafverfolgung in der Schweiz wäre es verheerend, wenn die Vorlage nicht durchkommen würde. Dann stünden wir vor verschlüsselter Kommunikation im Internet und könnten diese nicht überwachen.

Dass verschlüsselte Kommunikation auch ohne Trojaner Federal abgehört werden können, darüber haben wir bereits berichtet.

Gleichzeitig sollen die Leaks und Berichte wohl auch die Bemühungen unterlaufen, Edward Snowden in der Schweiz zur Massenüberwachung durch die NSA & Co. zu befragen und ihm Schutz zu gewähren.

Die Artikel zeigen aber auch die verschiedenen Rollen der Bundesanwaltschaft auf. So scheint sie abhängig von Tipps von ausländischen Geheimdiensten (wie insbesondere der NSA), beurteilt gleichzeitig die Sicherheit von Edward Snowden in der Schweiz und sollte zudem gegen die NSA-Überwachung ermitteln.

Hier hat sie zwar gegen die Spionagetätigkeit von Agenten in der Schweiz (die rund um die US-Mission in Genf fremde Konsulate, Missionen und UNO-Einrichtungen observieren) Ermittlungen aufgenommen. Gegen die weitreichende Massenüberwachung, wie es die Digitale Gesellschaft mit einer Strafanzeige wegen verbotenem Nachrichtendienst bezüglich PRISM/Tempora gefordert hatte, scheint die Bundesanwaltschaft weiterhin nicht vorzugehen. Eigentlich müsste hier ein ausserordentlicher Bundesanwalt eingesetzt werden – wegen Befangenheit der Bundesanwaltschaft.