Nur weil die Provider «Netzneutral» draufschreiben, ist noch lange nicht Netzneutralität drin

Heute morgen wurden von den grossen Providern Swisscom, UPC-Cablecom, Sunrise, Orange und Swisscable eine Medienmitteilung verbreitet:
Netzneutralität: ICT-Unternehmen garantieren offenes Internet und verweisen auf den Verhaltenskodex für Netzneutralität. Die Digitale Gesellschaft hat diesen bereits scharf kritisiert.

Auch der mittelständische Provider Init7 widerspricht diesem Kodex in aller Form. Das Statement von Fredy Kuenzler möchten wir gerne hier dokumentieren:

Das Verständnis der «Netzneutralität» der grossen Provider ist gegen die Interessen ihrer eigenen Kunden. OTT (Over-the-top-Dienste) sollen nur dann vernünftig möglich sein, wenn der Anbieter (z.B. Netflix, Zattoo) genügend an den Provider bezahlt – mit anderen Worten: die Provider erzwingen den zweiseitigen Markt.

Init7 hat seit mehreren Jahren in genau dieser Sache ein Verfahren gegen Swisscom am laufen. Ein erstes, provisorisches Urteil wurde Ende 2013 letztinstanzlich vom Bundesverwaltungsgericht zugunsten von Init7 gefällt.

Der Verhaltenskodex der Provider sieht vor, QoS (Quality of Service), d.h. eine Priorisierung des Datentraffic vornehmen zu können. Faktisch bedeutet dies folgendes:

«Ich (Provider) habe zu wenig Bandbreite, aber wenn Sie (Kunde) mir mehr Geld zahlen, dann lasse ich die Datenpakete der anderen Kunden zuerst fallen.» Dies ist unredlich und widerspricht dem offenen Internet.

Der problematischste Punkt der Netzneutralität sind überlastete
Interkonnektionen. Provider bauen systematisch ihre Interkonnektions-Kapazitäten nicht bedarfsgerecht aus. Dies hat System, denn die Provider mit vielen Endkunden und damit viel Marktmacht können so Geld von Content-Anbietern erpressen.

Ein Beispiel: Init7 fordert seit Jahren von UPC-Cablecom Upgrades der Interkonnektions-Kapazität, die täglich voll laufen, doch UPC-Cablecom lässt lieber ihre eigenen Kunden leiden, als kooperativ Hand für entsprechende Ausbauten der Kapazität zu bieten.

Init7 (und damit auch das Privatkunden-Produkt Fiber7) wehrt sich in aller Entschiedenheit gegen solches Ansinnen. Der Kodex der Provider ist eine Nebelgrante, mehr noch: er ist verlogen. Nur weil die Provider «Netzneutral» draufschreiben, ist noch lange nicht Netzneutralität drin. Noch schlimmer: langfristig macht das Verhalten das offene und schnelle Internet kaputt.