Beschwerde am Bundesverwaltungsgericht

Geheimdienst verweigert Einsicht in Dokumente zur Gesichtserkennung

Die Aufsichtsbehörde des Nachrichtendienstes deckte ihn ihrem jüngsten Tätigkeitsbericht auf, dass der Geheimdienst ein Gesichtserkennungssystem im Rahmen der Erfassung von Reisebewegungen einsetzt. Da der Geheimdienst die Einsicht in die entsprechenden Dokumente – entgegen der Empfehlung des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten – verweigert, hat die Digitale Gesellschaft eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht.

Die «Unabhängige Aufsichtsbehörde über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten» (AB-ND) hat im März ihren Tätigkeitsbericht 2021 veröffentlicht (PDF), woraus ersichtlich wird, dass der Geheimdienst ein Gesichtserkennungssystem einsetzt:

Mit dem Gesichtserkennungssystem werden nach Ansicht der AB-ND biometrische Daten bearbeitet. Solche Daten werden gemäss dem revidierten (noch nicht in Kraft gesetzten) Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG) als besonders schützenswerte Personendaten eingeordnet. Gemäss Art. 47 Abs. 2 NDG [Nachrichtendienstgesetz] legt der Bundesrat für jedes Informationssystem den Katalog der bearbeiteten Personendaten fest. Er hat dies in der VIS-NDB [Verordnung über die Informations- und Speichersysteme des Nachrichtendienstes des Bundes] getan, aber in keinem der dort erwähnten Informationssystemen ist die Bearbeitung biometrischer Daten vorgesehen.

Weiter können mit dem Gesichtserkennungssystem Bilderprofile erstellt werden, die zudem mit Metadaten angereichert werden können. Dies führt nach Ansicht der AB-ND zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen.

Mit Verweis auf das Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ) hat die Digitale Gesellschaft ein Gesuch um Einsicht in die vom Geheimdienst erstellte Rechtsgrundlagenanalyse und das Bearbeitungsreglement gestellt:

Allein dass eine Rechtsgrundlagenanalyse benötigt wird, zeigt im Grunde schon, dass keine genügend klare Rechtsgrundlage für die Gesichtserkennung vorhanden ist. Dessen ungeachtet sind die Einwohner:innen der Schweiz aber von der Gesichtserkennung betroffen. Eine klare gesetzliche Grundlage hat den Zweck, dem staatlichen Handeln eine rechtsstaatliche Grundlage zu geben und dieses auf das erlaubte Mass zu begrenzen, aber auch, die Betroffenen in die Lage zu versetzen, zu erkennen, unter welchen Bedingungen und durch welches Handeln sie von staatliche Überwachungsmassnahmen betroffen sein können.

Dies ist in Bezug auf die Nutzung von Gesichtserkennung durch den Nachrichtendienst des Bundes (NDB) mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage nicht gegeben. Es ist nirgends gesetzlich festgehalten, dass, unter welchen Voraussetzungen und zu welchem Zweck, der NDB Gesichtserkennung einsetzen darf. Dass der Geheimdienst in seiner Stellungnahme den Erkenntnisgewinn betont, welcher sich aus dem Einsatz von Gesichtserkennung in den bestehenden Daten ergibt, unterstreicht, dass sich aus dem Einsatz dieses Mittels ein zusätzlicher und unter Umständen schwer wiegender Eingriff in die Grundrechte der von der Analyse betroffenen Personen ergibt. Umso mehr ist es erforderlich, dass die Öffentlichkeit durch die Offenlegung des Bearbeitungsreglements und der Rechtsgrundlagenanalyse genauere Kenntnis über den Einsatz der Gesichtserkennung und die Einschätzung der diesbezüglichen rechtlichen Situation erhält.

Der Geheimdienst verweigert jedoch die geforderte Einsicht unter Verweis auf die Ausnahmebestimmung von Art. 67 NDG (Ausnahme vom Öffentlichkeitsprinzip) sowie die Ausnahmebestimmungen von Art. 7 Abs. 1 lit. b BGÖ (Beeinträchtigung der zielkonformen Durchführung konkreter behördlicher Massnahmen) und Art. 7 Abs. 1 lit. c BGÖ (Gefährdung der inneren oder äusseren Sicherheit der Schweiz) an.

Da die Voraussetzungen für die Anrufung dieser Ausnahmebestimmungen nicht erfüllt sind, hat die Digitale Gesellschaft Beschwerde am Bundesverwaltungsgericht eingereicht.

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