Flugpassagierdatengesetz

Digitale Gesellschaft fordert Verzicht auf neue Massenüberwachung und Vorratsdatenspeicherung

In Zukunft sollen die Daten aller Flugpassagiere in der Schweiz ohne Anlass und Verdacht auf Vorrat während fünf Jahren gespeichert werden. Das neue Flugpassagierdatengesetz höhlt die Grundrechte aller Menschen in der Schweiz aus. Der angebliche «Paradigmenwechsel» kann nicht mit der behaupteten «Erhöhung der Sicherheit für die ganze Gesellschaft» begründet werden. Die Digitale Gesellschaft wehrt sich ausdrücklich gegen die geplante neue Massenüberwachung und Vorratsdatenspeicherung mit dem Flugpassagierdatengesetz (FPG).

Der Bundesrat bezeichnet die geplante langjährige Speicherung der Daten aller Flugpassagiere ohne Anlass und Verdacht als «Paradigmenwechsel». Als Begründung wird die «Erhöhung der Sicherheit für die ganze Gesellschaft» genannt. Die Erhebung, Auswertung und Speicherung der Daten aller Flugpassagiere ist jedoch offensichtlich unverhältnismässig. Mit dem immer gleichen Argument der angeblich erhöhten Sicherheit soll in der Schweiz einmal mehr eine neue Form der Massenüberwachung und Vorratsdatenspeicherung eingeführt werden. Alle Flugpassagiere werden unter Generalverdacht gestellt und einer Rasterfahndung unterworfen.

Die Menschen in der Schweiz brauchen einen wirksamen Schutz ihrer Grundrechte. Dazu zählt insbesondere der Schutz der Privatsphäre. Mit dem neuen Flugpassagierdatengesetz wird der Datenschutz nicht gestärkt, sondern untergraben. Dieses Vorgehen steht in einem direkten Widerspruch zur Entwicklung hin zu mehr Datenschutz. So soll das neue Datenschutzgesetz, das am 1. September 2023 in Kraft tritt, den Menschen in der Schweiz erklärtermassen zu mehr Datenschutz verhelfen.

Das neue Flugpassagierdatengesetz führt den Datenschutz in vielen Punkten geradezu ad absurdum. So sollen die Daten aller Passagiere, die für fünf Jahre gespeichert werden, nach sechs Monaten pseudonymisiert werden, was vom Bundesrat als datenschutzfreundlich gepriesen wird. Die Pseudonymisierung hat aber in erster Linie den Zweck, das Auskunftsrecht der betroffenen Personen zu vereiteln, obwohl es sich bei pseudonymisierten Daten weiterhin um Personendaten handelt. Da die Pseudonymisierung rückgängig gemacht werden kann, können Behörden weiterhin auf die Daten zugreifen und auf einzelne Personen zurückführen. Dabei soll auch der schweizerische Geheimdienst auf die Daten zugreifen dürfen, während kein wirksamer Rechtsschutz für die betroffenen Personen vorgesehen ist.

Das neue Flugpassagierdatengesetz steht auch im Widerspruch zur europäischen Rechtsprechung. Der Europäische Gerichtshof (EuGH), das höchste Gericht der EU, hat gerade erst entschieden, dass eine Vorratsdatenspeicherung von fünf Jahren die Grenzen des absolut Notwendigen überschreitet (Urteil C-817/19 vom 21. Juni 2022). In der Schweiz ist bereits die strafprozessuale Vorratsdatenspeicherung während sechs Monaten umstritten.

Die geplante neue Massenüberwachung und Vorratsdatenspeicherung mit dem neuen Flugpassagierdatengesetz stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der Menschen in der Schweiz dar. Die Digitale Gesellschaft lehnt die Übermittlung und Speicherung der Flugpassagierdaten und damit das Flugpassagierdatengesetz ausdrücklich ab. Werden die Daten dennoch übermittelt, so müssen sie unmittelbar nach dem Abgleich mit bestehenden Daten aus der Strafverfolgung gelöscht werden. Auf die Speicherung und weitere Analyse der Daten, insbesondere für Beobachtungslisten und Risikoprofile, ist zu verzichten.

Die Digitale Gesellschaft wehrt sich mit strategischen Gerichtsverfahren gegen die Massenüberwachung in der Schweiz. Am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg ist eine Beschwerde gegen die strafprozessuale Massenüberwachung mittels Vorratsdatenspeicherung hängig. Das Schweizerische Bundesgericht hat eine Beschwerde gegen die geheimdienstliche und militärische Massenüberwachung mit Kabelaufklärung gutgeheissen. Die Gerichte werden entscheiden müssen, ob diese bestehenden Formen der Massenüberwachung als Verletzung der Grundrechte der Menschen in der Schweiz einzustellen oder mindestens erheblich einzuschränken ist. Die Digitale Gesellschaft behält sich vor, auch gegen die Massenüberwachung gemäss dem neuen Flugpassagierdatengesetz den Rechtsweg zu beschreiten.

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